Anders Fogh Rasmussen ist ein sperriger Typ. Mit seinen wirtschaftsliberalen Grundsätzen und seiner harten Ausländerpolitik hat Dänemarks...

Hamburg. Anders Fogh Rasmussen ist ein sperriger Typ. Mit seinen wirtschaftsliberalen Grundsätzen und seiner harten Ausländerpolitik hat Dänemarks Ministerpräsident stets viel Widerstand hervorgerufen. Doch seine Verteidigung der Pressefreiheit in Dänemark vor gut zwei Jahren, als die dänische Zeitung "Jyllands-Posten" zwölf zum Teil nicht sehr glückliche Mohammed-Karikaturen druckte und weltweit darob Muslime in Wut gerieten, war in der westlichen Welt unstrittig.

Gerade diese liberale Haltung Rasmussens in der Karikaturen-Frage sorgte nun im Vorfeld des Nato-Gipfels für einen schwelenden Konflikt zwischen der Türkei und dem Rest der Allianz. Während Rasmussen seine Kandidatur für das Amt des Nato-Generalsekretärs, für das er unter anderem von den USA, Deutschland und Frankreich empfohlen worden war, Freitag offiziell angemeldet hatte, verstärkte die Türkei noch einmal ihren Widerstand gegen den Dänen als Nachfolger des Niederländers Jaap de Hoop Scheffer. "Ich zweifle an seinen Fähigkeiten, zum weltweiten Frieden beizutragen", sagte der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

Erdogan weiß eine ganze Reihe von islamischen Staaten hinter sich, die zwar keinerlei Mitspracherecht in der Frage des Nato-Generalsekretärs haben, aber nach wie vor gegen die Dänen aufgebracht sind. Etwas anderes kommt für den türkischen Premier hinzu: Rasmussen weigert sich hartnäckig, auf türkischen Druck den kurdischsprachigen Sender Roj TV zu schließen, der von Dänemark aus sendet. Aus Sicht von Erdogan verbreitet Roj TV Rebellen-Propaganda.

Allerdings war Erdogan selbst nicht auf dem Gipfel, und der dort geladene türkische Staatspräsident Abdullah Gül hat sich nicht gegen Rasmussen ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel kämpfte am Freitag für ihn.

Die Atlantische Allianz besetzt den Posten des Nato-Generalsekretärs, der im Gegensatz zum Oberkommandierenden stets aus Europa stammt, gemeinhin im Konsens. Darin lag die Schwierigkeit hinsichtlich der störrischen Türkei. Dabei ist der 56-jährige Rasmussen, Chef der rechtsliberalen Regierungspartei Venstre, auch jenseits seiner politischen Qualifikation eine gute Wahl: Als Däne kommt er aus einem kleinen Mitgliedstaat der Nato und stärkt damit die Position dieser Länder im Bündnis. Rasmussen führte sein Land 2003 außerdem trotz nur knapper Mehrheit im Parlament mit in den Irak-Krieg. Dänische Soldaten kämpfen in Afghanistan. "Wir können uns nicht immer hinter anderen verstecken", meint er.

Der eigentliche Konfliktstoff für die Nato allerdings ist die Neufassung ihrer zehn Jahre alten Strategie. Europa will die Rolle eines auch präventiv-militärisch agierenden Weltpolizisten nicht übernehmen. Die überraschend harte gemeinsame Front, die Nicolas Sarkozy und Angela Merkel gegenüber Obamas Konzepten auf dem G20-Gipfel aufgebaut hatten, dürfte dem US-Präsidenten eine Warnung sein. Die USA werden ihre globalen Interessen wohl, wie schon zuvor, mithilfe von Ad-hoc-Koalitionen wahrnehmen müssen.