Im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine scheint eine baldige Lösung in Sicht. Der amtierende EU-Ratspräsident und tschechische Regierungschef Mirek Topolanek und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin ließen sich auf eine Beobachtungskommission ein, die den Gasfluss durch die Ukraine überprüfen soll.

Brüssel. Ziel dieser Entscheidung ist es, die russischen Gaslieferungen an die EU-Staaten alsbald wieder aufzunehmen. Eine Bestätigung aus Moskau und der Ukraine lag zunächst allerdings nicht vor. Topolanek habe jedoch sowohl mit Putin als auch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert, hieß es aus Prag.

Ein mit den Verhandlungen vertrauter tschechischer Minister sagte: "Jetzt fehlt nur noch Gas. Jetzt fehlt nur noch die Entscheidung, wieder Gas in die Systeme zu leiten." Es sei damit zu rechnen, das eine aus EU-Beobachtern bestehende Delegation bereits am Freitag in der Ukraine ihre Arbeit aufnehmen könne, nachdem mit Russland und der Ukraine nun beide Konfliktparteien einer solchen Mission zugestimmt hätten. Genannt werden wollte der Minister nicht.

Am Donnerstag war es erneut zu Zwischenfällen gekommen. Ein Dutzend europäischer Staaten, darunter auch Italien, wurde von russischem Gas weitgehend abgeschnitten, was vielerorten zu massiven Problemen für Bevölkerung und Wirtschaft führte. 80 Prozent des Gases aus Russland kommt über die Ukraine in die Europäische Union. Sehr schwierig ist die Lage in Südosteuropa, da hier viele Staaten fast zu 100 Prozent von den Gaslieferungen abhängig sind. In Serbien und Bulgarien froren Hunderttausende in ihren Wohnungen. Viele Schulen und Kindergärten blieben geschlossen.

Im "Gaspoker" zwischen Moskau und Kiew hatte es bislang keine Einigung gegeben. Die beiden Länder stritten über die Entsendung von internationalen Kontrolleuren, die den Gastransfer in der Ukraine überprüfen sollten. Der russische Gasmonopolist Gazprom beharrte in den Verhandlungen auf einer Beteiligung eigener Experten. Neben EU-Experten müssten auch Vertreter der russischen Regierung sowie von Gazprom in der Beobachtergruppe vertreten sein, teilte der Staatskonzern zuvor in Moskau mit. Die Ukraine widersetze sich bislang aber einer russischen Beteiligung an der Expertenmission.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und führende EU-Politiker setzten ihrerseits auf die Entsendung neutraler Experten sowohl nach Russland als auch in die Ukraine. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte am Abend in Berlin, Merkel habe mit Topolanek und EU- Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso telefoniert. "Alle drei gehen davon aus, dass die internationalen Beobachter schnellstmöglich auf beiden Seiten der russisch-ukrainischen Grenze eingesetzt werden", sagte Wilhelm. Dies entspreche auch den Zusagen, die Merkel am Mittwoch in ihren Telefonaten mit Putin und der ukrainischen Regierungschefin Julia Timoschenko gemacht worden seien.

Russland hatte zuvor den konkreten EU-Vorschlag zur Entsendung von EU-Beobachtern nach Angaben der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft abgelehnt. Die Ukraine hatte dem Vorschlag zugestimmt.

Gazprom-Chef Alexej Miller hatte am Donnerstag zunächst eine Wiederaufnahme der gestoppten Lieferungen im Transit durch die Ukraine in Aussicht gestellt. Am Abend kam dann die Wende: "Ich muss Ihnen sagen, dass die russischen Vertreter den Vorschlag abgelehnt haben", sagte der tschechische Industrieminister Martin Riman für die EU-Ratspräsidentschaft in Brüssel. Die EU-Beobachter sollen in der Ukraine den Gastransit in Richtung Westen überwachen. Russlands Regierungschef Wladimir Putin gab der EU-Kommission die Schuld am vorläufigen Scheitern einer Lösung. Putin bezeichnete die prowestliche Führung der Ukraine als "hochgradig kriminell".

Russlands Präsident Dmitri Medwedew stellte klar, dass erst eine Einigung unterzeichnet werden muss. Moskau hat das Angebot vom Silvestertag von 250 Dollar je 1000 Kubikmeter Gas auf mehr als 400 Dollar hochgeschraubt. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hatte mit Blick auf die schweren finanziellen Probleme seines Landes nur maximal 210 Dollar in Aussicht gestellt und wollte mehr höhere Transitgebühren.

Nach dem Totalausfall russischer Gaslieferungen am Dienstag hatten sich Vertreter von Gazprom und des ukrainischen Konzerns Naftogas am Donnerstag in Moskau erstmals seit Silvester wieder zu Verhandlungen getroffen. Anschließend reisten Gazprom-Chef Miller und der Naftogas- Chef, Oleg Dubina, gemeinsam im Flugzeug nach Brüssel. Angesichts der beispiellosen Krise war der Empfang für die Streithähne eisig.

"Sobald EU-Beobachter in der Ukraine sind und Zugang zu den Gas- Pipelines haben, soll die Gaszufuhr so schnell wie möglich wiederhergestellt werden", sagte Miller zunächst nach Beratungen in Brüssel. Später erklärte Putin in Moskau, die EU-Kommission habe sich unter Hinweis auf ein angeblich fehlendes Mandat geweigert, ein bereits von Russland unterzeichnetes Dokument anzunehmen.