Sie sind leise wie eine Krabbe und stießen deshalb zusammen: Die französische „Le Triomphant“ und die britische „HMS Vanguard“ waren mit Atomraketen bewaffnet. Wie nah waren wir an einer nuklearen Katastrophe? Abendblatt.de beantwortet die wichtigsten Fragen. Hier sehen Sie U-Boot-Bilder.

Hamburg/London. Irgendwo in den Tiefen des Weltmeeres zwischen Europa und Amerika sind zwei U-Boote aus Großbritannien und Frankreich zusammengestoßen. Die französische "Le Triomphant" und die britische "HMS Vanguard" waren mit Atomraketen bewaffnet. Wie konnte das geschehen? Wie nah waren wir an einer nuklearen Katastrophe? Eines ist klar: Die Weiten des Atlantiks sind nicht genug. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen:

Was ist passiert?

Nach Auskunft des Chefs der britischen Marine, Admiral Sir Jonathon Band, waren beide Boote am 3. oder 4. Februar auf getrennten Patrouillen im Atlantik unterwegs. Sie fuhren sehr langsam. Die "Le Triomphant" bemerkte eine Kollision, die Besatzung ging aber davon aus, unter Wasser mit einem Container zusammengestoßen zu sein. Erst nachdem die französische und die britische Marine, die regelmäßig Informationen austauschen, miteinander gesprochen hatten, war klar, dass sich zwei U-Boote begegnet sein müssen.

Was ist beschädigt?

Die "HMS Vanguard" hat sichtbare Beulen und Schrammen, am französischen U-Boot wurde das Sonar vom Typ Thales DMUX 80 am Bug beschädigt. Die Reparaturkosten an beiden Booten belaufen sich nach Schätzungen von Experten auf rund 56,5 Millionen Euro. Die "HMS Vanguard" ist mittlerweile in ihrem Heimathafen Faslane in Westschottland eingetroffen, die "Le Triomphant" hat ihren Liegeplatz in Brest erreicht.

Warum haben die U-Boote einander nicht bemerkt?

Auf Patrouillenfahrt bewegen sie sich möglichst lautlos fort. Der französische Verteidigungsminister Herve Morin sagte: "Die U-Boote sind leiser als eine Krabbe, deswegen sind sie nicht zu orten". U-Boote werden außerdem so konstruiert, dass sie möglichst nicht aufgespürt werden können, weil sie nicht gefunden werden wollen. Moderne U-Boote benutzen kein aktives Sonar, sondern nur passives Sonar. Aktive Sonare benutzen das Echoprinzip wie Radaranlagen, strahlen also selbst ein Signal aus, dessen Echo sie empfangen, aus dem sie über Laufzeit des Echos die Entfernung bestimmen. Echolote gehören zu diesem Typ. Passive Sonare empfangen nur die Signale bzw. Geräusche von Objekten ("Horchanlagen"). Beide Arten können auch die Richtung des einfallenden Schalles bestimmen.

Wie halten U-Boote bei Übungen Abstand voneinander?

Um zu wissen, wo und in welcher Tiefe sich U-Boote befinden, hat die Nato ein sogenanntes "Waterspace Management". Dort soll die Marine eines Nato-Landes anmelden, wenn ein U-Boot auf Übung geht. "Dem U-Boot wird ein entsprechendes Seegebiet zugewiesen", sagte Hannes Ewerth, ehemaliger Kommandeur der deutschen U-Boot-Flottille, dem Abendblatt. "Das ist wie in der Luftfahrt, wo es Korridore gibt." Ist also einfach übersehen worden, dass zwei Boote in einem Bereich unterwegs waren? Ex-Offizier Ewerth kann sich auch vorstellen, dass die Franzosen ihre Übungsfahrt nicht angemeldet haben. "Frankreich ist zwar Nato-Mitglied, aber militärisch nicht integriert", sagte der Kieler U-Boot-Experte.

Gab es ein Risiko der Verstrahlung?

Die Verteidigungsministerien in London und Paris sagen, es habe keine Gefahr einer atomaren Explosion bestanden. Atomkraftgegner sehen in dem Crash im Atlantik dagegen ein Alarmsignal. Die U-Boote seien "schwimmende Reaktoren", erklärte die französische Organisation Sortir du nucleaire (Atomausstieg). Fatale Kollisionen könnten sich nicht nur auf hoher See, sondern auch in Häfen ereignen. Außerdem weisen Experten darauf hin, dass bei den U-Booten den Rumpf hätte aufreißen, ein Feuer hätte ausbrechen oder konventionelle Munition hätte zünden können.

Die technischen Daten der U-Boote:

"HMS Vanguard":

Stapellauf 1992 eines von vier britischen U-Booten mit Trident-Atomraketen an Bord 150 Meter lang, 140 Mann Besatzung bewaffnet mit 16 Raketen mit 48 Sprengköpfen

"Le Triomphant":

Stapellauf 1994 eines von vier französischen Atom-U-Booten 138 Meter lang, 112 Mann Besatzung bewaffnet mit 16 M-45-Raketen