Ärger und Erstaunen in Europa über die Erklärung der acht Staaten zum Irak.

Brüssel. "Diese Bemerkungen sind kontraproduktiv und ein Schlag gegen die gemeinsame Außenpolitik der Europäischen Union." Elmar Brok (CDU), Vorsitzender vom Auswärtigen Ausschuss im Europäischen Parlament, hielt seinen Ärger über den offenen Brief der acht Staats- und Regierungschefs zur Irak-Frage nicht zurück. "Der Einfluss Europas ist beschädigt", sagte der CDU-Abgeordnete dem Abendblatt. "Schließlich haben doch die EU-Außenminister am Montag eine gemeinsame Position gefunden." In ihrer Erklärung setzten die Minister sich noch für eine Verlängerung der UNO-Waffeninspektionen ein und betonten die entscheidende Rolle des UNO-Sicherheitsrates in der Frage. Die EU-Kommission bemühte sich denn auch, aus dem europaweit veröffentlichten offenen Brief kein Drama zu machen. "Die Erklärung der Acht widerspricht den Formulierungen der Außenminister nicht", versicherte ein Sprecher von EU-Außenkommissar Chris Patten dem Abendblatt. Von Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac hieß es, der Brief enthalte nichts Überraschendes. Auch sein Außenminister Dominique de Villepin hielt den Ball flach. Den Aufruf der Acht nannte der Minister "einen Beitrag zur Debatte", verwahrte sich aber dagegen, "ein Europa gegen das andere aufzubringen". So sorgt weniger der Inhalt des Briefes als die Art seines Zustandekommens für Unmut in der EU. Athen, das zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat und damit eine Art "Leithammel" der 15 ist, wurde gar nicht erst gefragt. "Die Art und Weise, in der die fünf EU-Mitglieder und drei Beitrittskandidaten sich zur Irak-Frage geäußert haben, trägt nicht zu einer gemeinsamen Position bei", so Premier Costas Simitis. Wenig überraschend trägt das Schreiben nur Namen von EU-Ländern, die in der Irak-Frage ohnehin stärker auf die transatlantische Achse setzen als auf die Kraft einer eigenständigen europäischen Außenpolitik: Neben Großbritannien und Spanien sind dies Italien, Portugal und auch Dänemark. "Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen ist von seinem Kollegen Aznar ausdrücklich zur Unterschrift eingeladen worden", so ein dänischer Regierungssprecher zum Abendblatt. Polen, Ungarn und Tschechien, die ebenfalls unterzeichneten, werden erst 2004 EU-Mitglied, sind aber als NATO-Mitglieder in die transatlantischen Beziehungen eingebunden. Wer in Brüssel mit der britischen Irak-Haltung sympathisiert, legte die Achter-Erklärung als Versuch Londons aus, die eigene Position gegenüber den USA zu stärken. So könne Premierminister Tony Blair bei seinem Besuch in den USA für viele Regierungen in Europa sprechen. Andere Diplomaten sprachen dagegen von Anbiederung. "Der Wettlauf der Vasallen hat begonnen", kommentierte Elmar Brok die Initiative der Acht. Deutlich kritisierten Brüsseler Kreise das Verhalten der drei Erweiterungskandidaten. Kaum sei deren EU-Beitritt in Kopenhagen kurz vor Weihnachten auch dank deutsch-französischer Kompromisse entschieden worden, scherten sie sich offenbar bereits schon nicht mehr um den EU-Konsens.