Beifall von der falschen Seite. Jürgen Trittin preist Helmut Kohl – und Angela Merkel fühlt sich in der Euro-Rettung falsch verstanden.

Hamburg. Altkanzler Helmut Kohl (CDU) hat nach Ansicht der SPD Recht mit seiner Kritik an der derzeitigen deutschen Außenpolitik. „Sowohl das Abstimmungsverhalten im Falle Libyen als auch die frühzeitige Festlegung auf Ablehnung eines unabhängigen Palästinenserstaats zeigen, dass die Bundesregierung ohne Abstimmung mit ihren Partnern und ohne Rücksicht auf andere Außenpolitik macht“, sagte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich der Nachrichtenagentur dpa. Damit torpediere die Regierung eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik, wie sie im Vertrag von Lissabon vorgesehen sei.

Man könne über eine Beteiligung an der internationalen Militärmission in Libyen weiter unterschiedlicher Meinung sein, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. „Aber jetzt einen vermeintlich bedeutenden Anteil Deutschlands am Zusammenbruch des Regimes für sich in Anspruch zu nehmen, wie es Außenminister Guido Westerwelle (FDP) tut, ist peinlich und angesichts der dramatischen Bilder anmaßend“, so Mützenich. Damit werde die deutsche Außenpolitik zunehmend „zur Posse“.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin hat die Kritik von Altkanzler Kohl an Bundeskanzlerin Angela Merkel als „beispiellos und vernichtend“ bezeichnet. Kohl bringe die Haltung der Kanzlerin in der Eurokrise auf den Punkt und fordere zu Recht von ihr „zügige und unideologische Maßnahmen“, sagte Trittin.

Man brauche endlich den europäischen Stabilisierungsmechanismus, sagte der Grünen-Politiker weiter. Der Mechanismus dürfe nicht weiter tot verhandelt werden. „Man muss die Spekulation gegen einzelne Staaten der Eurozone beenden und dies geht nur mit europäischen Staatsanleihen.“

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok hat das Echo auf Äußerungen von Bundespräsident Christian Wulff und Altbundeskanzler Helmut Kohl kritisiert. Beide dürften nicht zu Kronzeugen der Europaskeptiker in der Union gemacht werden, sagte Brok der Nachrichtenagentur dpa. „Ihre kritische Haltung in manchen Fragen wird von den falschen Leuten vereinnahmt“, meinte der Europaabgeordnete. Kohl und Wulff wollten nicht weniger, sondern mehr Europa.

Bundeskanzlerin Merkel hat zurückhaltend auf die Währungshüter-Schelte von Bundespräsident Wulff reagiert. „Ich werde die EZB nicht kritisieren, weil sie ihre Entscheidungen unabhängig fällt“, sagte Merkel im Interview des Senders NDR Info. Die Europäische Zentralbank (EZB) habe alle ihre Entscheidungen über Ankäufe von Anleihen selbstständig getroffen. Merkel betonte, sie sei sich mit dem Bundespräsidenten einig, die Bewältigung der Probleme in der Schuldenkrise müsse langfristig passieren. „Man muss das Thema bei der Wurzel packen.“ Die Frage der heutigen Zeit sei, „wie kommt man herunter von der hohen Verschuldung“, erklärte die Kanzlerin. Jedes Land in der EU, im Euro-Raum, aber auch die USA müssten sich dieser Aufgabe stellen. „Sonst gerät unser Wohlstand in Gefahr." (dpa/abendblatt.de/ryb)