Ist die Familie des Diktators bereits im Ausland? Aischa Gaddafi ist eine schillernde Anwältin – nicht nur in Libyen. Flüchtlngslage verschärft sich.

Tripolis/New York. Sie pflegt einen eher westlichen Lebensstil, hat den irakischen Diktator Saddam Hussein verteidigt und soll sich nun bereits ins Ausland abgesetzt haben: Aischa Gaddafi, Tochter des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hat sich mit Gaddafis Frau Safia offenbar nach Tunesien abgesetzt. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Aischa Gaddafi gehörte im Jahr 2005 zum Team der Verteidiger Saddam Husseins. Der irakische Diktator war zum Tode verurteilt und nach dem Prozess hingerichtet worden. Doch diese Meldung wurde wie viele andere Fluchtgeschichten aus Libyen erneut dementiert. Denn die Lage ist unübersichtlich – für die Beteiligten und die Beobachter. Im libyschen Bürgerkrieg herrscht militärisch eine Patt-Situation. Die Nato greift Gaddafis Einheiten aus der Luft an und hat wiederholt Gebäude des Geheimdienstes und der Familie in Tripolis bombardiert.

Beide Frauen – Aischa und Safia – seien in Tripolis und in Sicherheit, erklärte der stellvertretende libysche Außenminister Chaled Kaim. Kaim erklärte außerdem, Ölministers Schukri Ghanem habe Libyen lediglich zu einer Geschäftsreise ins Ausland verlassen. Ghanems Flucht ins Ausland war am Dienstag von einem früheren Vertreter Libyens bei der Arabischen Liga bestätigt worden. Der Ölminister halte sich aus geschäftlichen Gründen in Wien auf, erklärte Kaim. Ghanem ist nach Außenminister Mussa Kussa, Innenminister Abdel-Fatah Junes und Justizminister Mustafa Abdul Dschalil das vierte ranghohe Kabinettsmitglied, das sich von Gaddafi abgewandt hat.

Die Vereinten Nationen wollen für die Menschen in Libyen noch einmal 233 Millionen Dollar (165 Millionen Euro) von ihren Mitgliedstaaten haben. Der Spendenaufruf von Anfang März über 160 Millionen Dollar wurde noch einmal aufgestockt. Mit dem Geld soll den mehr als zwei Millionen Zivilisten geholfen werden, die von den Kämpfen betroffen sind. Der sogenannte Flash Appeal ist ein unverbindlicher Aufruf an die 192 Uno-Mitglieder. Weil jeder Staat nach eigenem Ermessen gibt, bleiben die Aufrufe oft unterfinanziert. Bisher sind 175 Millionen Dollar zugesagt.

Nach Angaben von Uno-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos waren die Helfer im März von 400.000 Flüchtlingen und 600.000 weiteren Menschen in Not ausgegangen. Tatsächlich seien jetzt aber mehr als 800.000 Menschen auf der Flucht, noch einmal 1,6 Millionen brauchten Hilfe. „Die Kämpfe, der Zusammenbruch der staatlichen Infrastruktur und die Geld- und Benzinknappheit sind große Probleme für das Volk Libyens“, sagte Amos. Besonders schlimm sei es in Misrata, sagte die Engländerin: „Die Stadt ist bei unseren Sorgen ganz vorn. Viele Menschen haben schon kaum noch Wasser und Lebensmittel.“

Vier in Libyen inhaftierte ausländische Journalisten sind nach einem Gerichtsverfahren wegen „illegaler Einreise“ freigelassen worden. Die US-Bürger James Foley und Clare Gillis, der Brite Nigel Chandler und der Spanier Manu Brabo trafen nach ihrer Freilassung im Hotel „Rixos“ in der libyschen Hauptstadt ein, wie Augenzeugen am Mittwoch berichteten. Sie waren am 5. April in Frontnähe Gaddafis Soldaten in die Hände gefallen. Zuvor hatten sie in dem von Aufständischen kontrollierten Osten Libyens gearbeitet. Ihr Verbleib war lange ungewiss. Am Dienstag wurden sie vor ein Gericht in Tripolis gestellt und zu jeweils einem Jahr Gefängnis und zur Zahlung einer Strafe von 200 Dinar (115,70 Euro) verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde zugleich ausgesetzt. Nach Zahlung der Strafe stehe es ihnen frei, das Land zu verlassen, sagte ein Regierungssprecher in Tripolis. (dapd/rtr/dpa)