20 Luftangriffe in 30 Minuten. Frankreich will Kampfhubschrauber schicken – ein Indiz für einen Bodeneinsatz gegen Gaddafi?

Tripolis/Brüssel. Mit über 20 Luftangriffen binnen 30 Minuten haben Nato-Kampfflugzeuge am frühen Dienstagmorgen Ziele in der libyschen Hauptstadt Tripolis bombardiert. In rascher Folge waren Detonationen zu hören, und beißender Rauch stieg über der Stadt auf. Auch in der Nähe des Militärkomplexes Bab al-Asisija in dem sich eine Residenz von Machthaber Muammar al-Gaddafi befindet. Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte, Dutzende Menschen seien verwundet worden. Beobachter bezeichneten das Bombardement als den schwersten Angriff auf Tripolis seit Beginn der Militäroperation. Ziel der Angriffe waren laut Ibrahim die von Freiwilligenverbänden der libyschen Streitkräfte benutzten Gebäude.

Die Nato teilte mit, dass eine Reihe von Angriffen einem dem Militärkomplex Bab al-Asisija angeschlossenem Fahrzeugdepot gegolten hätte, das zur Versorgung von Regierungstruppen benutzt worden sei, die Angriffe auf Zivilisten durchgeführt hätten. Zunächst war unklar, ob außer dem Depot weitere Ziele angegriffen wurden. Auch in weiterer Entfernung waren Explosionen zu hören.

Die Kampfflugzeuge schossen in niedriger Höhe über die Stadt dahin. Dann waren drei laute Explosionen zu hören, die die Fenster im Umkreis von etlichen Kilometern erzittern ließen. Dann eine Pause, die vom Vorbeizischen weiterer Flugzeuge unterbrochen wurde und der weitere Explosionen folgten. Im Hotel, in dem die ausländischen Journalisten in Tripolis untergebracht sind, waren Luftabwehrfeuer und Schreie zu hören. Anhänger des Regimes hupten in ihren Autos und feuerten mit ihren Waffen in die Luft.

US-Außenministerin Hillary Clinton hatte am Montag in London weitere Nato-Staaten dazu aufgerufen, sich an der Militäroperation in Libyen zu beteiligen. Zusätzliche militärische Unterstützung würde dabei helfen, den Druck auf das Gaddafi-Regime zu erhöhen, sagte sie nach einem Treffen mit dem britischen Außenminister William Hague. Clinton verteidigte außerdem den Beitrag der USA. Auch nach der Übergabe des Kommandos an die Nato würde ein Viertel aller Einsätze von den US-Streitkräften geflogen, die USA würden weiterhin den größten Teil der Geheimdienst-, Überwachungs- und Aufklärungsmöglichkeiten stellen.

Frankreichs Verteidigungsminister Gérard Longuet hat angekündigt, dass Frankreich und Großbritannien sobald wie möglich Kampfhubschrauber in Libyen einsetzen wollen. Die Hubschrauber würden dazu genutzt, militärische Ziele wie Tankwagen oder Lastwagen mit Munition in dicht bevölkerten, städtischen Gebieten anzugreifen, ohne dass dabei so viele Zivilpersonen gefährdet würden wie bei einem Luftangriff von Kampfflugzeugen, sagte er. Auch der französische Außenminister Alain Juppé bestätigte Berichte über die Entsendung von Kampfhubschraubern nach Libyen.

Die Helikopter böten eine höhere Präzision, und ihr Einsatz sei von der Uno-Resolution zum Schutz von Zivilpersonen gedeckt, sagte Juppé in Brüssel. Longuet sagte, er habe die Pläne mit Verantwortlichen der britischen Streitkräfte besprochen und man habe „auf exakt derselben Wellenlänge“ gelegen. „Wir mussten uns die Mittel geben, um zuschlagen zu können, ohne Zivilisten zu treffen“, sagte er.

Bewegliche, tief fliegende Kampfhubschrauber können Bodenziele mit einer deutlich höheren Präzision angreifen als hoch fliegende Kampfflugzeuge. Allerdings sind sie auch deutlich verwundbarer. Seit Beginn der Militäraktion am 31. März ist noch kein Soldat der Allianz im Kampf ums Leben gekommen. (dapd/dpa/rtr)