Die deutschen Handballer haben nicht nur das Finale in der Handball-Europameisterschaft verpasst, sondern nun auch noch die Chance auf einen dritten Platz. Damit ist der Traum der Deutschen, wieder an den Erfolg von der Weltmeisterschaft anknüpfen zu können, geplatzt.

Lillehammer. Lars Christiansen verwandelte am Samstag in Lillehammer im Halbfinale kurz vor Abpfiff den Strafwurf und besiegelte damit die 25:26 (13:10)-Niederlage des Weltmeisters. Trotz eines Kraftaktes und einer überragenden Leistung von Torhüter Johannes Bitter konnte das deutsche Team nicht überzeugen.

Dem Kraftakt folgte der Einbruch: Die deutschen Handballer fahren ohne die erhoffte Bronzemedaille nach Hause. Einen Tag nach dem unglücklichen 25:26-Halbfinal-Aus gegen Dänemark wurde der kraftlose und nur mit einer Not-Mannschaft angetretene Weltmeister vom entthronten Titelverteidiger vorgeführt. Ein halbes Jahr vor den Olympischen Spielen beendete das deutsche Team damit das durchwachsene EM-Turnier mit einer herben Enttäuschung.

Bundestrainer Heiner Brand sprach nach der höchsten deutschen Niederlage bei einer EM von einer "Demütigung". "Ich habe öfters auf die Uhr geschaut und mir gewünscht, dass die Zeit schneller runterläuft", sagte der sichtlich mitgenommene Gummersbacher. Brand ließ nur teilweise Entschuldigungen gelten: "Wir waren personell an unsere Grenzen gestoßen. Sicher war auch der Kräfteverschleiß sehr groß. Das entschuldigt einiges, aber nicht alles." Einigen Spieler habe die Bessessenheit und die Leidenschaft gefehlt. "Da war keiner, der vorangegangen ist."

Vor 7940 Zuschauern in der erneut nicht ausverkauften Hakons Halle kam die ausgelaugte Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) von Beginn an nicht ins Spiel. Ohne die Lemgoer Florian Kehrmann (Oberschenkelzerrung) und Sebastian Preiß (Sehnenentzündung) sowie Abwehrchef Oliver Roggisch (Muskelfaserriss) stand der Olympia-Zweite auf verlorenem Posten.

Bester deutschen Werfer waren die Hamburger Torsten Jansen mit sieben und Pascal Hens mit sechs Treffern. "Wenn man in den ersten Minuten sieben Gegenstöße der Franzosen zulässt, dann kann man nicht gewinnen", stellte Kapitän Markus Baur fest, der in der ersten Halbzeit wegen einer Bänderverletzung ausfiel. Auch der Lemgoer Michael Kraus war selbstkritisch genug: "Als Weltmeister darf man nicht so auftreten."

"Über den vierten Platz bin ich immer unglücklich. Das gönne ich keinem Spieler. Denn dann hat man die letzten beiden Spiele verloren und fährt als Verlierer nach Hause", sagte der enttäuschte DHB- Präsident Ulrich Strombach.

Zum bisherigen Verletzungspech kam im Platzierungsspiel weiteres Ungemach. Beim 2:10 (12.) knickte Spielmacher Baur (Lemgo) mit dem linken Fuß um und musste mit Verdacht auf Bänderriss vom Feld. Zu dem Zeitpunkt aber hatte die DHB-Auswahl schon alle Chancen auf eine Medaille verspielt. Kraft- und ideenlos agierten die deutschen Spieler. Mit fahrigem Angriffsspiel gingen die Bälle verloren, die die Franzosen zu leichten Toren nutzten und beim 16:6 (26.) erstmals mit zehn Toren Vorsprung führten.

Trotzdem fand Strombach tröstende Worte für das personell ausgedünnte Weltmeister-Team. "Mit dem Halbfinale hatten wir ein großes Ziel erreicht. Denn wir haben ja nicht nur Verletzte zu beklagen, sondern Pfeiler der Mannschaft verloren", sagte der Verbandschef. Auch Vizepräsident Horst Bredemeier anerkannte das Abschneiden und blickte bereits auf die Olympischen Spiele im August in Peking voraus. "Das ist eine Bestätigung für den WM-Titel, auch wenn jeder weiß, dass wir noch Luft nach oben haben. Jetzt haben wir das Ziel Olympia, das spukt jetzt allen den Köpfen herum", sagte der frühere Bundestrainer.

Bundestrainer Brand zog seinerseits durchwachsene Bilanz. "Es tut immer weh, wenn man ein Halbfinale verliert. Aber es ist eine anerkennenswerte Leistung, ins Halbfinale gekommen zu sein. Das ist eine Bestätigung unserer Arbeit. Die Weltspitze ist eng zusammen", urteilte der Bundestrainer. Vor allem im Angriffsspiel sah der Gummersbacher arge Defizite, uneingeschränkt zufrieden war er nur mit dem Kampf- und dem Teamgeist. "Wir haben gute Erfahrungen gesammelt. Es war ein Turnier zum stabilisieren, aber nicht, um Fortschritte gegenüber der WM zu erwarten", sagte Brand.