Auch Abwehrchef Oliver Roggisch fällt aus. Doch den Glauben an die eigene Stärke hat der Weltmeister noch nicht verloren.

Trondheim/Lillehammer. Die Spieler tanzten vor Freude, Weltmeister Christian Schwarzer applaudierte begeistert, und Bundestrainer Heiner Brand hielt seine erste Pressekonferenz auf Englisch: Der Einzug ins EM-Halbfinale nur ein Jahr nach dem Gewinn des Weltmeistertitels hat bei den deutschen Handballern wieder Hochgefühle ausgelöst und in der Heimat das Handballfieber neu entfacht. "Jetzt wollen wir alles", verkündete Rückraum-Ass Holger Glandorf nach dem 31:29-Erfolg im "Endspiel" um den Halbfinaleinzug am Donnerstagabend gegen Schweden, den im ZDF nach Senderangaben 6,36 Millionen Menschen (20,7 Prozent Marktanteil) sahen. "Da muss ich der Mannschaft ein Riesenkompliment machen. Da waren wieder Teamgeist und Kampfkraft, so wie sie uns stark gemacht haben, zu sehen", lobte Brand. Für Torhüter Johannes Bitter war der Erfolg auch noch ein Nachschlag der goldenen Heim-WM. "Wenn wir im vergangenen Jahr nicht Weltmeister geworden wären, hätten wir heute vielleicht den Glauben nicht gehabt", meinte der Hamburger.

Allerdings steht das siebte Halbfinale in seiner Ära bei Welt-, Europameisterschaften und Olympischen Spielen unter keinem guten Stern. Nach Oleg Velyky in der Vorrunde erlitt nun vor dem K.-o.-Spiel auch dessen Ex-Klubkollege Oliver Roggisch (Rhein-Neckar Löwen) wie befürchtet das EM-Aus. Der Abwehrchef ist wegen eines Muskelfaserrisses in der rechten Wade zum Zuschauen verurteilt. "Es hat geknallt und die Wade war fest. Mit einem Faserriss kann ich definitiv nicht spielen", sagte Roggisch enttäuscht (siehe unten stehenden Bericht). Für ihn nominierte Brand den Mindener Frank von Behren nach. Der Rückraumspieler wurde am Freitagabend in Lillehammer erwartet, wo an diesem Sonnabend (18 Uhr/ARD) der WM-Dritte Dänemark Gegner im Spiel um den Finaleinzug ist.

Sorgenkinder sind vor diesem Duell Michael Kraus und Sebastian Preiß (beide Lemgo). Der Spielmacher leidet an einer schmerzhaften Unterarmprellung, steht aber wohl zur Verfügung. Kreisläufer Preiß musste sich wegen einer Sehnenentzündung im Knie weiteren medizinischen Untersuchungen in Lillehammer unterziehen. Ob er mitwirken kann, entscheidet sich kurzfristig. Angeschlagen ist weiterhin HSV-Linksaußen Torsten Jansen, der gegen Schweden wegen einer Rippenprellung erst kurz vor Spielbeginn grünes Licht erhalten hatte.

"Wir müssen alles ordnen und sortieren und sehen, wer überhaupt einsatzfähig ist", sagte Brand, versprach aber: "Wir werden gut gelaunt und optimistisch ins Spiel gehen." Den möglichen Finalgegner für Sonntag ermitteln zuvor Olympiasieger Kroatien und Titelverteidiger Frankreich (15.30 Uhr/DSF).

"Ich hoffe, wir können am spielfreien Tag einiges an Kraft zurückholen und etwas regenerieren", sagte der Nordhorner Glandorf. Doch der Umzug aus Trondheim in die Olympia-Stadt Lillehammer erwies sich als alles andere als eine Erholungsfahrt. Die mit fünf Stunden angesetzte Busfahrt durch die verschneiten Berge dehnte sich auf rund sieben Stunden aus, weil der Tross wegen eines gesperrten Passes und eines Unfalls einen Umweg nehmen musste. Den Vorabend hatten die deutschen Handballer wie immer nach dem Erreichen eines Halbfinales in einem Schnellrestaurant bei Hamburgern und Pommes frites verbracht. Dieses Ritual haben die Handballer seit der EM 2002 lieb gewonnen - auch weil es danach immer fürs Finale reichte.

Mit den Dänen misst sich der Weltmeister bereits zum dritten Mal auf dem Weg zum angestrebten EM-Titel. Sowohl 2002 in Schweden, als die DHB-Auswahl das Endspiel gegen den Gastgeber verlor, und 2004 in Slowenien mit dem Gewinn des Titels waren die Skandinavier der unterlegene Halbfinalkontrahent. Im Vorfeld des Turniers standen sich beide Teams in Testspielen gegenüber, von denen die Deutschen das eine mit 26:30 verloren, das andere mit 34:24 gewannen. Darauf aber geben Baur & Co. nichts. "Die Tagesform entscheidet", sagte der Stratege. Und der Hamburger Pascal Hens meinte: "Egal, was vorher war, wer jetzt gewinnt, ist im Finale." Brand urteilte: "Dass wir im zweiten Spiel keine zehn Tore besser waren, wissen wir. Das wird sicherlich ein schöner Fight werden."