Containerumschlag geht bis Ende März um weitere vier Prozent zurück. Rotterdam und Bremerhaven fertigen dagegen mehr Boxen ab

Hamburg. Das Treffen im Übersee-Club war hochkarätig besetzt. Zum zweiten Mal hatte die Hamburg Port Authority (HPA) einen Hafengipfel veranstaltet. 22 Topmanager aus Hamburg und dem gesamten Bundesgebiet - unter ihnen Metro-Chef Eckhard Cordes - diskutierten über die Zukunft des Hafens. Cordes, der 39 Prozent des Umschlags seines Konzerns über die Hansestadt lenkt, forderte von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) mehr Investitionen in die Infrastruktur. Für die kleineren Betriebe im Hafen machte sich HPA-Chef Jens Meier stark: "Wir denken darüber nach, Flächen für ein Güterverkehrszentrum für mittelständische Betriebe im nächsten Hafenentwicklungsplan vorzusehen."

Gute Ideen gibt es viele. Doch die Realität bleibt düster. Auch in den ersten drei Monaten 2010 ist der Containerumschlag nach Informationen des Abendblatts zurückgegangen. Um etwa vier Prozent dürfte die Zahl der umgeschlagenen Boxen niedriger liegen als im schwachen ersten Quartal 2009. Das lässt sich aus dem Minus bei Eurogate von 11,3 Prozent auf 548 000 Standardcontainer (TEU) und dem noch leichten Plus bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) von 0,5 Prozent hochrechnen. Die HHLA schaffte von Januar bis März 1,25 Millionen TEU.

Als Hauptursache für den Rückgang im gesamten Hafen gilt bei Experten das hohe Minus bei den Leercontainern und ein Rückgang bei den Zubringerverkehren in die Ostsee.


Damit steht die Entwicklung des Containerumschlags in Hamburg in einem krassen Kontrast zur Lage in den beiden wichtigen Konkurrenzhäfen. Rotterdam musste im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2008 einen deutlich geringeren Rückgang bei den Umschlagzahlen hinnehmen als die Hansestadt. Und im ersten Quartal des laufenden Jahres zogen die Niederländer den Hamburgern auf und davon. Rotterdam legte beim Containerumschlag gegenüber dem Vorjahresquartal um 16 Prozent auf 2,6 Millionen TEU zu.

Aufschlussreich sind auch die Zahlen des zweitgrößten deutschen Seehafens Bremerhaven. Der Terminalbetreiber Eurogate ist dort und gleichzeitig in Hamburg tätig. Für Bremerhaven verbuchte das Unternehmen im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Wachstum beim Containerumschlag von gut zwölf Prozent - für Hamburg hingegen gab es ein Minus von mehr als elf Prozent.

Aus der Hamburger Hafenwirtschaft heißt es, speziell Rotterdam ziehe der Hansestadt und anderen Häfen derzeit mit Dumpingpreisen Kunden ab. Das allerdings klingt wenig glaubwürdig. Im vergangenen Jahr waren die Hamburger Terminalbetreiber und auch die städtische HPA mit ihrer Preisbildung unter Druck geraten. Damals hieß es in diesen Kreisen stets, der Hamburger Hafen sei, je nach Berechnung, kaum oder gar nicht teurer als Rotterdam. Der Chef des niederländischen Hafens, Hans Smits, hatte zu Beginn des Jahres im Abendblatt zudem betont, er wolle keinen Preiskrieg zwischen den Nordseehäfen. Auch Rotterdam müsse Milliardeninvestitionen für den Ausbau ihres Hafens erwirtschaften. Eine Preisspirale nach unten zerstöre dafür das Fundament.


Plausibler für Hamburgs schwache Leistungsbilanz sind andere Gründe. Zum Beispiel die Tatsache, dass in Bremerhaven wie auch in Rotterdam oder Zeebrugge sogenannte "dedicated terminals" von Großreedereien wie MSC oder Maersk direkt betrieben werden. Solche eigenen Anlagen, die es in Hamburg nicht gibt, lasten die Schifffahrtsunternehmen angesichts der Flaute im Containerumschlag bevorzugt aus.

Allerdings belasten auch andere strukturelle Nachteile das aktuelle Geschäft in Hamburg wie auch die Perspektiven des Elbhafens. Der für Hamburg wichtige Transitverkehr von Containern in die Ostseestaaten und zurück ist aufgrund der Wirtschaftskrise stark geschrumpft, ein Teil dieser Containermengen ging zudem an Rotterdam und Zeebrugge verloren.

Hinzu kommt, dass über die Umsetzung und den Zeitpunkt der notwendigen Elbvertiefung noch keine Klarheit herrscht. Im Herbst soll die zuständige Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord in Kiel dafür das Planfeststellungsverfahren abschließen. Ob es bei diesem Termin bleibt, ist offen. Anschließend wollen Umweltverbände wie der BUND oder der WWF gegen das Verfahren klagen, um die Elbvertiefung noch zu stoppen. Sie argumentieren, dass die geplanten Ausbaggerungsarbeiten und deren Folgen gegen das Naturschutzrecht der EU verstoßen.


Inwieweit solche Nachteile durch positive konjunkturelle Trends aufgefangen werden können, ist offen. Immerhin berichten Experten für März und April von einem zweistelligen Plus im Containerumschlag zum jeweiligen Vormonat in Hamburg. So laufe der Erzumschlag besser als vor der Krise, und auch die Züge der Hafenbahn seien gut ausgelastet. Die HHLA schätzt zudem die Aussichten für den Handel mit Asien positiv ein. Der Internationale Währungsfonds traut den Chinesen im laufenden Jahr ein Wirtschaftswachstum von zehn Prozent zu.

Dagegen dürfte es zwar auch in Osteuropa und den westlichen Industriestaaten eine Erholung geben. Doch diese wird wohl schwächer als erwartet ausfallen. "Ein Aufwärtstrend ist zwar da", sagt Eurogate-Sprecherin Corinna Romke dem Abendblatt, "Es ist aber die Frage, wie nachhaltig er ist." Abzuwarten bleibt, wie sich die auslaufenden Konjunkturprogramme und die hohe Staatsverschuldung in Europa auswirken und ob die Nachfrage stabil bleibt, wenn die Lager wieder aufgefüllt sind.

HHLA-Chef Klaus-Dieter Peters hofft dennoch, dass mit einer stabileren Konjunktur auch Containerumschlag und Transport steigen werden. Tritt dies ein, geht er sowohl im Umschlag als auch im Bahntransport für 2010 von einem Plus "im oberen einstelligen Prozentbereich" aus. Bei einem anhaltenden Preiswettbewerb zwischen den Terminals werde der Umsatz dagegen allenfalls um ein Prozent auf eine Milliarde Euro steigen. Im Krisenjahr 2009 lag er bei 990,7 Millionen Euro. Zwar musste der HHLA-Chef im ersten Quartal einen Umsatzrückgang von 249 auf 231 Millionen Euro und einen von 49 auf 32 Millionen Euro gesunkenen operativen Gewinn hinnehmen. Peters investiert aber weiter. So wurden Anfang Mai am Terminal Burchardkai drei 70 Meter hohe Containerbrücken für Frachterriesen installiert. Das dürfte auch Metro-Chef Cordes gefallen.