Helmut Nause, Präsident des Hamburger Landesarbeitsgerichts, soll bei der HHLA einen Kompromiss im Konflikt um Sparmaßnahmen finden.

Hamburg. Gut 200 Seiten Unterlagen liegen schon auf seinem Schreibtisch. Zum ersten Verhandlungstermin zwischen dem Vorstand der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und dem Betriebsrat hat er jetzt eingeladen und wird dann "völlig unvoreingenommen" in die Verhandlungen gehen, sagt Helmut Nause im Gespräch mit dem Abendblatt. Der promovierte Arbeitsrichter steht bereit, im Streit um die Arbeitszeit und die Regelung für Überstunden auf dem Terminal Burchardkai, dem größten Hamburger Containerterminal, zu schlichten.

Auf den Präsidenten des Hamburger Landesarbeitsgerichts haben sich Betriebsrat und HHLA-Führung als Vorsitzenden für eine Einigungsstelle geeinigt, in der jeweils vier Vertreter beider Seiten sitzen werden. Darin geht es um die Arbeitsorganisation.

Strittig ist noch, ob eine zweite Einigungsstelle über ein neues Arbeitszeitsystem entscheiden kann. Auch hier soll Nause nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts aber den Vorsitz führen. Der Jurist kann so zum Zünglein an der Waage für einen Tarifkonflikt werden, der seit Monaten schwelt. Sein Ziel ist klar: "Die meisten Einigungsstellen enden mit einem Kompromiss, ohne dass das Votum des Vorsitzenden nötig wird. Das empfinde ich als besonderen Erfolg."

Eine Lösung für die HHLA dürfte jedoch nicht einfach werden. Schließlich ist die Situation verfahren. Das Management hat die Verhandlungen für gescheitert erklärt, mit denen ein Überhang von 300 Stellen auf dem Burchardkai über neu verteilte Wochenendarbeit und eine Altersteilzeitregelung abgefedert werden sollte. Die Arbeitnehmer wollen den Verlust der Lohnzuschläge an den Wochenenden und die Neuverteilung der zusätzlichen Schichten nicht hinnehmen. Außerdem zweifeln sie an der Notwendigkeit des Personalabbaus, da der Umschlag im Hafen nach ihren Berechnungen spätestens im Mai deutlich zugelegt hat.

Nause wird nun in der Einigungsstelle versuchen, den gordischen Knoten zu durchschlagen. Immerhin hat der gebürtige Lüneburger, der seit November 2007 an der Spitze des Landesarbeitsgerichts steht, bereits seit 1990 Erfahrung aus mehr als 100 Verhandlungen in Einigungsstellen. So etwa bei der Schließung des Colgate-Palmolive-Werks in Billbrook, bei dem ein Sozialplan ausgehandelt werden musste. Aber auch Betriebe im Hafen hatten seine Hilfe gesucht. Strategie: "Aufmerksam zuhören, schauen, wie die Interessen gelagert sind und wo die eine Seite der anderen entgegenkommen kann."

Dabei können sowohl Arbeitnehmer, Arbeitgeber, aber auch der Vorsitzende der Einigungsstelle neue Vorschläge in die Runde einbringen. Über eine mögliche Lösung wird dann zunächst ohne den Schlichter abgestimmt, um so eine gütliche Einigung möglich zu machen. Erst bei einem zweiten Wahlgang hat dann der Vorsitzende Stimmrecht. Wie schnell eine Lösung zu erreichen ist, sei dabei schlicht "unkalkulierbar", sagt Nause. "Ich habe es schon erlebt, dass sich die Parteien nach zehn Minuten geeinigt haben. Andere Fälle dauerten bis zu zwei Jahre."

Einigungsstellen müssen nicht von Juristen geleitet werden, Arbeitsrichter sind aber durch ihre Berufspraxis für diese Aufgabe prädestiniert. Nause, der seit 1985 in Hamburg über Konflikte zwischen Firmen und ihren Beschäftigten entscheidet, hatte sich während seines Studiums in Göttingen Arbeitsrecht als Wahlfach ausgesucht und noch während seines Referendariats in Bremen zu dem Thema promoviert. Dabei ging es darum, auf welchen Rechten der Einzelne gegenüber Betriebsrat und Arbeitgeber bestehen kann.

Bei der HHLA muss der 54 Jahre alte Arbeitsrichter nun abwägen, inwieweit der Betriebsrat Einfluss auf eine vom Management vorgeschlagene neue Arbeitsorganisation hat. Haben die Verhandlungen erst einmal begonnen, helfen dabei manchmal auch getrennte Gespräche des Schlichters mit nur einer der beiden Seiten. "Das ist üblich", so Nause. "Man muss in einem solchen Fall jedoch mit offenen Karten spielen und der anderen Seite Bescheid sagen."

Klar ist jedoch: Bezahlen muss die Einigungsstelle und damit auch den Vorsitzenden immer der Arbeitgeber, egal, wer die Stelle einberufen hat. "Schließlich hat der Betriebsrat kein Geld und ist als Abteilung der jeweiligen Firma einzustufen", sagt Nause. Da für ihn als öffentlich Bediensteter zudem eine Obergrenze für seinen Zuverdienst gilt, würde am Ende sogar die Haushaltskasse der Stadt von den Verhandlungen profitieren. Dorthin müssen die Honorare abgeführt werden, die das festgelegte Limit überschreiten.