Wirtschaftsverbände in Hamburg fordern die Einhaltung der Pläne zur Elbvertiefung. Alles andere sei ein “Abschied auf Raten“.

Hamburg. Die Nervosität in der Hamburger Wirtschaft und im Senat ist groß. Ein Bericht des Abendblatts von Montag, wonach ein Senatsbeauftragter die Realisierungschancen einer geringeren Elbvertiefung ausgelotet hat, stößt bei Unternehmen, Verbänden und in der Stadtregierung selbst auf einhellige Ablehnung. "An der Zielsetzung und am Ablauf der jetzigen Planung wird festgehalten, das steht für mich überhaupt nicht infrage", sagte Frank Horch, Präses der Handelskammer, dem Abendblatt. "Die Zusagen, die Hamburg den Kunden des Hafens, also auch den Reedereien, gegeben hat, müssen eingehalten werden."

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Ebenso äußerten sich die zuständigen Wirtschaftsverbände: "Die Hafenwirtschaft geht nach wie vor davon aus, dass der Fahrrinnenausbau von Unter- und Außenelbe wie geplant um einen Meter schnellstmöglich umgesetzt wird", sagte Norman Zurke, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. Beim Unternehmensverband AGA hieß es: "Verzichten wir auf die zugesagte Fahrrinnenanpassung, ist dies für den Hafen ein Abschied auf Raten vom internationalen Schiffsverkehr." Auch Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) stellt klar: "Die Elbe muss um den vollen Meter vertieft werden. Hier kann es keine Kompromisse geben. Wir arbeiten daran, dass dies im Interesse Hamburgs so schnell wie möglich umgesetzt wird." Die Wirtschaftsbehörde ist bei der Umsetzung des Projekts die in Hamburg federführende Stelle.

Der Senatsbeauftragte für die Elbvertiefung, Professor Heinrich Reincke, hatte in den vergangenen Monaten sondiert, ob eine Vertiefung der Elbfahrrinne an den bestimmten kritischen Stellen um lediglich 50 Zentimeter anstelle eines Meters ein möglicher Kompromiss wäre. Die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF wollen gegen die für den Herbst erwartete Planfeststellung klagen und eine weitere Vertiefung der Elbe verhindern. Das Verzögerungspotenzial möglicher Klagen will der Senat offenbar im Vorfeld entschärfen, zumindest aber erkennen - ebenso wie die zuständige Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord des Bundes mit Sitz in Kiel. "Wir berücksichtigen bei unserer Planung alle relevanten rechtlichen Grundlagen auch aus dem europäischen Naturschutzrecht", sagte eine WSV-Sprecherin dem Abendblatt. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutz-Richtlinie der EU-Kommission gelten als wichtigste Ansatzpunkte für Klagen der Umweltverbände.

Nach Informationen des Abendblatts ließen die beiden wichtigsten Hamburger Betreiber von Containerterminals - die HHLA und Eurogate - Professor Reincke wissen, dass eine Elbvertiefung von nur 50 Zentimetern für sie nicht infrage komme. Sie werde den Erfordernissen der Schifffahrt und des Hafenumschlags nicht gerecht.

Unklar ist, welche Rolle die Umweltverbände bei diesen Sondierungen spielten. Der Senat teilte gestern mit, es habe in den vergangenen Monaten von Umweltverbänden Angebote gegeben, die Elbe nur um 50 Zentimeter anstelle eines Meters zu vertiefen. Darauf habe man sich jedoch nicht eingelassen. Die Verbände WWF und Nabu wiesen diese Darstellung zurück und sagten dem Abendblatt, es habe "keinerlei Kompromissangebote" an den Senat gegeben. Die Verbände lehnen eine weitere Elbvertiefung ab, nachdem die Fahrrinne zuletzt Ende der 90er-Jahre an größere Schiffe angepasst worden war.

Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND in Hamburg, sagte, die geplante Elbvertiefung werde das europäische Naturschutzrecht massiv berühren: "Sondierungsgespräche vor diesem Hintergrund sind plausibel, die Senatskanzlei wäre schlecht beraten, dies nicht zu tun. Die Hafenwirtschaft sollte daher von den üblichen hysterischen Reflexen Abstand nehmen."

Eine Schlüsselrolle bei den Gesprächen der vergangenen Monaten spielte nach Informationen des Abendblatts der Umweltberater Walter Feldt, ein früherer Mitarbeiter des Umweltministeriums von Niedersachsen. Er hatte bereits bei den Koalitionsverhandlungen von CDU und GAL in Hamburg im Jahr 2008 die Idee einer "Elbvertiefung light" aufgebracht, um Union und Grüne bei diesem konfliktträchtigen Thema einander näherzubringen. Im Koalitionsvertrag setzte sich allerdings die CDU mit dem Ziel einer Vertiefung von einem Meter durch. Aus der Hafenwirtschaft hieß es, Feldt fühle im Auftrag der Umweltverbände nun erneut vor - was die Verbände jedoch zurückweisen.

Die Elbvertiefung an bestimmten, kritischen Stellen ist für den Hamburger Hafen extrem wichtig, weil die Reedereien immer mehr Großfrachter einsetzen. Eine Reihe davon kann schon jetzt nur noch nach Hamburg kommen, wenn sie einen Teil ihrer Ladung zuvor in anderen Nordsee-Häfen löschen. Nach der Vertiefung sollen Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 14,50 Metern die Elbe befahren können.