Die verurteilte US-Studentin Amanda Knox bekommt im Berufungsprozess Beistand von zwei Kriminellen. Beide wollen den wahren Mörder kennen.

Perugia. Im mittelitalienischen Perugia wurde der Berufungsprozess gegen den „Engel mit den Eisaugen“, Amanda Knox, und ihren italienischen Ex-Freund Raffaele Sollecito fortgesetzt. Sie waren vor einem Jahr wegen Mordes an der britischen Austauschstudentin Meredith Kercher zu jeweils 26 und 25 Jahren Haft verurteilt worden. Der elfmonatige Indizienprozess um Sex, Drogen und die spektakuläre Bluttat hatte die Amerikanerin damals zum Medienstar gemacht.

Für den 23-jährigen Mittäter Rudy Guede hat ein Berufungsgericht die Strafe schon fast halbiert. Der Mann von der Elfenbeinküste soll zusammen mit Amanda Knox und ihrem Ex-Freund die junge britische Studentin umgebracht haben. Allerdings sahen die Geschworenen beim Berufungsverfahren keine erschwerenden Umstände mehr und verringerten seine Strafe von 30 auf 16 Jahre Haft.

Nun wird dieses Urteil wieder in Frage gestellt. Der verurteilte Kindsmörder Mario Alessi sagte vor Gericht aus, er habe mit Rudy Guede eine Zelle geteilt und dieser habe ihm gesagt, Knox und Sollecito seien unschuldig. Guede allerdings leugnet, diese Aussage je gemacht zu haben. Das berichtet die Schweizer Boulevardzeitung "Blick".

Ein weiterer Zeuge, der Mafia-Gangster Luciano Aviello, bestehe darauf, dass es sein flüchtiger Bruder die Britin getötet habe. Sie habe ihn bei einem Einbruch in ihre Wohnung überrascht.

Knox und Sollecito hatten immer wieder ihre Unschuld beteuert. Die Verteidiger hielten vieles nach dem ersten Verfahren für ungeklärt und gingen deshalb in die Berufung. Sie verlangen jetzt verschiedene Tests und Untersuchungen, um zu verstehen, was sich im November 2007 in der Wohnung der Meredith Kercher in Perugia wirklich abgespielt hat. Die Studentin war mit durchschnittener Kehle, von mehr als 40 Messerstichen übersät und halbnackt aufgefunden worden.

Trotz der mehr als 100 Zeugenaussagen verlangen die Verteidiger unter anderem einen Audio-Test, um die Glaubwürdigkeit einer Zeugin zu überprüfen, die den Todesschrei des Opfers gehört haben will. Strittige, als Beweise vorgebrachte DNA-Spuren sollen - sofern möglich - erneut genommen und untersucht werden. Auch der Vorwurf der Angehörigen, Amanda und Raffaele seien in den Medien vorverurteilt worden, steht weiterhin im Raum. Europas Presse hatte die Studentin aus Seattle zum „Engel mit den Eisaugen“ gemacht, die US-Medien prangerten derweil die italienische Justiz als unfähig an.