Die Staatsanwälte Oskar Gattner und Lars-Torben Oltrogge leiten die Ermittlungen gegen Kachelmann. Schwenn bat sie in den Zeugenstand.

Mannheim. Am 36. Verhandlungstag im Fall Kachelmann ging es vor allem um die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers und um die angebliche Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft. So musste am Donnerstag Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge vor dem Landgericht Mannheim Rede und Antwort stehen. Dabei bekräftigte der 36 Jahre alte Ankläger, er habe das mutmaßliche Opfer nicht zu einer belastenden Aussagen gegen den Moderator ermuntert. Die ehemalige Geliebte beschuldigt Kachelmann der Vergewaltigung. Der wiederum bestreitet die Tat und äußert sich nicht in der Sache.

Um zu klären, ob die Staatsanwaltschaft gewissenhaft ihrer Aufgabe nachgekommen ist, hatte Kachelmann-Anwalt Johann Schwenn die Zeugenbefragung der beiden Ankläger Oltrogge und Gattner beantragt. Außerdem hält Schwenn es für möglich, dass die beiden unzutreffende Protokollnotizen vorgelegt haben und Informationen an die Presse weitergegeben haben.

Allen Punkten widersprach Staatsanwalt Oltrogge mit Nachdruck. Er musste sich etwa zwei Stunden lang im Zeugenstand zur Sache äußern. Er betonte, er habe das angebliche Vergewaltigungsopfer nicht im Sinne der Anklage beeinflusst. Im Gegenteil, habe er die 38 Jahre alte Radiomoderatorin eindringlich darauf hingewiesen, dass sie bei Falschaussagen „in Teufels Küche“ kommen könne, also das ernste juristische Konsequenzen drohten.

Diese Bemerkung sei indes nicht grundlos gefallen, berichtete der Staatsanwalt. So habe das mutmaßliche Opfer während des Gesprächs eingeräumt, dass ein angeblich anonym verfasster Brief in Wirklichkeit von ihr selbst gestammt habe. In diesem Brief, den die Geliebte bei geeigneter Gelegenheit dem Moderator präsentieren wollte, seien Hinweise auf dessen Untreue niedergeschrieben gewesen. Allerdings hatte das Opfer diese Angaben selbst recherchiert und auch selbst zu Papier gebracht. Das, so Oltrogge, hätte die Untersuchung des Dokuments ergeben.

Dass die Radiomoderatorin dies im Gespräch mit dem Staatsanwalt nach einer Pause auch eingeräumt hatte, sieht Kachelmann-Anwalt Schwenn als Indiz dafür, dass die gesamte Aussage des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers „in seiner Glaubwürdigkeit erschüttert ist“. Zwar soll die Frau nach Angaben des Staatsanwalt glaubhaft versichert haben, dies sei die einzige Lüge gewesen, aber daran will Schwenn nicht glauben. So habe es sich bei der „Brieflüge“ eben nicht nur um eine Lüge gehandelt, „sondern um einen erheblichen manipulativen Vorgang“, betonte er. Das gebe Aufschluss über die Radiomoderatorin.

Dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Jörg Kachelmann im vergangenen Jahr eröffnet hat, „obwohl das alles schon aktenkundig gewesen ist“, sei ein Fehler gewesen. Er sieht diesen Umstand als „wesentliche Schwächung“ der Anklage. Staatsanwalt Oltrogge hingegen erachtet die sogenannte „Brieflüge“ indes nicht als ausschlaggebenden Grund, an der Darstellung einer Vergewaltigung zu zweifeln. So habe das mutmaßliche Opfer während der Vernehmung beispielsweise geweint und gezittert. Es sei auch ansonsten glaubwürdig gewesen. Die Beweisauswertung, die Spurensicherung sowie die medizinische Untersuchung hätten die Aussagen der Frau gestützt.

Oltrogges Kollege, Oberstaatsanwalt Oskar Gattner, bestätigte diese Aussage. Im Zeugenstand wies er darauf hin, dass aus Sicht der beiden Staatsanwälte nach wir vor ein Tatverdacht gegen Kachelmann bestehe, unabhängig von der Lüge bezüglich des Briefes: „Das ja bedeutet nicht, dass die Frau generell die Unwahrheit gesagt hat“, so Gattner.

Die frühere geliebte des Angeklagten sei während ihrer Aussage sichtlich mitgenommen, geradezu „aufgelöst“ gewesen. Nachdem sie eingeräumt hatte, dass der angeblich anonyme Brief von ihr gewesen sei, hatte sie befürchtet, Kachelmann - der damals in U-Haft saß - komme nun wieder auf freien Fuss. Nach Angaben Gattners habe sein Kollege Oltrogge darauf hingewiesen, dass dies nicht ohne weiteres geschehe.