Alice Schwarzer sollte im Kachelmann-Prozess als Zeugin gehört werden. Doch sie hat die Aussage verweigert, das ist ihr Recht als Journalistin.

Mannheim. Der Zuschauerraum im Kachelmann-Verfahren war am Mittwoch seit langem wieder voll besetzt. Mehr als 80 Besucher waren am Nachmittag ins Landgericht Mannheim gekommen, um Alice Schwarzer im Zeugenstand zu sehen und zu hören. Aber der Auftritt der 68-Jährigen dauerte nur drei Minuten. Schwarzer, ganz in schwarz gekleidet, nannte lediglich Name, Alter und die "Emma“-Redaktion als Ladungsadresse, dann machte sie von ihrem Recht als Journalistin Gebrauch und verweigerte die Aussage. Der Vorsitzende Michael Seidling beendete daraufhin ihre Vernehmung. Auch im Gerichtsflur beantwortete Schwarzer keine Fragen. Sie erklärte lediglich vor laufenden Kameras: „Es ist bedauerlich, dass ein so ernster Prozess durch Nebenkriegsschauplätze andauernd verzögert wird.“

Der Prozess soll klären, ob der Wettermoderator vor genau einem Jahr, am 9. Februar 2010, seine Ex-Freundin in ihrer Wohnung in Schwetzingen vergewaltigt und ihr dabei ein Messer an den Hals gehalten hat. Kachelmann bestreitet die Tat. Seit dem 6. September muss er sich vor dem Landgericht Mannheim verantworten.

Gutachterstreit um das Messer

Derweil streiten sich dort die Gutachter. Am Vormittag des 27. Verhandlungstags blieb der Sachverständige Rainer Mattern bei seiner Aussage, dass die Verletzungen der Frau am Hals von dem aufgefundenen Messer stammen können. Den Nachweis, ob sich die Frau die Verletzungen selbst zufügte oder ob sie von Kachelmann stammen, kann er jedoch nicht führen. Auch die blauen Flecke am Knie könnten von Fremdverletzung stammen, aber auch mit sehr großer Kraft ausgeführte Faustschläge könnten nicht ausgeschlossen werden.

Der von der Verteidigung beauftragte Gutachter Markus Rothschild sagte dagegen, dass das Messer nicht so eingesetzt worden sein könne, wie es die Ex-Freundin Kachelmanns schildere. Hätte er über längere Zeit den Messerrücken an ihren Hals gehalten, wären darauf zwingend DNA-Spuren zu finden gewesen. „Sie hätte das Messer wegwerfen können, die DNA-Spuren wären dran gewesen“, sagte Rothschild. Das Landeskriminalamt hatte auf dem Rücken jedoch keine Spuren gefunden, nur an der geriffelten Messerklinge.

Bei den Kratzern an Bauch, Unterarm und Oberschenkel müsse man an Selbstverletzungen denken, sagte Rothschild. Von denen in einem Handbuch veröffentlichten zehn Anzeichen für Selbstverletzungen träfen sieben ganz oder teilweise zu. „Nicht nachvollziehbar“ ist für Rotschild, dass sich das angebliche Opfer an das Zustandekommen ihrer großen Blutergüsse an den Oberschenkeln und der schnittartigen Kratzer an Arm, Bauch und Oberschenkel nicht erinnert.

Auf Nachfragen von der Richterbank, ob das Messer losgelöst von der Schilderung der Ex-Freundin die Verletzungen verursacht haben könnte, antwortete Rothschild: „Das Messer ist denkbar. Man kann es nicht generell ausschließen.“ Es müsse dann aber ganz anders eingesetzt worden sein als von der Frau geschildert. Ursache für die Schürfspuren am Hals könne aber auch ein Seil sein. Der Fingernagel wäre ebenfalls möglich. Die Kratzer könnten grundsätzlich auch von der Spitze des aufgefundenen Messers stammen. Der Verlust der DNA-Spur hielt Rothschild an diesem Punkt dann für möglich, wenn die Messerspitze anschließend auf einen Teppich fiel.

Allerdings gab es zur DNA-Analyse am Mittwoch eine kleine Überraschung. Die Ex-Freundin Kachelmanns hatte ausgesagt, sie habe in der Nacht zunächst aufgeräumt und das Messer aufgehoben und wieder zurückgelegt. Jetzt wurde bekannt, dass der bereits vernommene DNA-Spezialist des Landeskriminalamts Gerhard Bäßler von dem Anfassen des Messers nichts wusste. Das teilte er jedenfalls inzwischen der Strafkammer mit. Möglicherweise wird der DNA-Spezialist nun erneut vernommen.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.