Verstoß gegen das Waffengesetz: Der 51-Jährige wird beschuldigt, die Tatwaffe unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt zu haben.

Stuttgart/Winnenden. Der Vater des Amokläufers von Winnenden hat seinem Sohn Tim K. möglicherweise in betrunkenem Zustand den Code seines Waffentresors verraten. Jörg K. habe schon vor der Tat regelmäßig Alkohol getrunken, sagte die Nebenklägervertreterin Iris Stuff am Dienstag vor dem Landgericht in Stuttgart. Es sei „keine Vermutung ins Blaue hinein“, dass der Vater schon lange vor dem Amoklauf Alkoholprobleme hatte, sagte Stuff am Rande der Verhandlung dem epd. „Es gibt Gerichtsunterlagen, die dies nahe legen.“ Es könne daher sehr gut möglich sein, dass es sich um eine „alkoholbedingte Nachlässigkeit“ gehandelt habe.

Der Verteidiger des Angeklagten, Hans Steffan, sagte dem epd, JörgbK. habe hinsichtlich der Aufbewahrung der Waffen im Tresor besondersvverantwortlich gehandelt. Der achtziffrige Zahlencode und ein zusätzliches Zeitschloss hätten es seinem Sohn beinahe unmöglich gemacht, den Tresor öffnen zu können. Allerdings könne der spätere Amokläufer zufällig den Tresorcode herausbekommen haben. Dies sei zwar beinahe unmöglich, aber eben nicht ganz.

Der 51-jährige Geschäftsmann wird beschuldigt, die Tatwaffe im Schlafzimmerschrank unverschlossen aufbewahrt zu haben. Bisher steht er wegen Verstoß gegen das Waffengesetz vor Gericht. Sollte Jörg K. jedoch von den Tötungsfantasien seines Sohnes gewusst haben, und verantwortungslos mit dem Zahlencode des Waffenschrankes umgegangen sein, könnte er auch wegen fahrlässiger Tötung verurteilt werden.

Sein Sohn Tim K. hatte mit der Pistole des Vaters am 11. März 2009 an der Albertville-Realschule in Winnenden bei Stuttgart neun Schülerinnen und Schüler sowie drei Lehrerinnen erschossen. Auf der Flucht tötete er drei weitere Menschen, bevor er sich selbst das Leben nahm.

Waiblinger Polizeichef als vorläufig letzter Zeuge vernommen

Als vorläufig letzter Zeuge wurde der Leiter der Polizeidirektion Waiblingen befragt. Der 50 Jahre alte Polizeiführer, der den Polizeieinsatz während des Amoklaufs in Winnenden und Wendlingen koordiniert hatte, sagte, bereits während der Fahndungsmaßnahmen nach dem Amoktäter sei bekannt gewesen, dass eine Beretta-Pistole im Haus des Angeklagten fehlte.

Er selbst habe aber nicht darüber entschieden, ob der Vater des Amoktäters als Beschuldigter geführt werde. Die Entscheidung hierfür habe bei der Staatsanwaltschaft gelegen, betonte er. In einem Fernsehinterview einen Tag nach dem Amoklauf habe er lediglich behauptet, dass alles darauf hindeute, „dass der Vater nachlässig war, was das Verwahren dieser einen Waffe angeht“, fügte er hinzu. Über das Ermittlungsverfahren gegen den 51-jährigen Angeklagten habe er erst drei Tage nach der Bluttat erfahren.

Mit der Anhörung des Einsatzleiters wollte die Verteidigung herausfinden, ab welchem Zeitpunkt der Vater als Verdächtiger für eine Straftat galt und somit nachweisen, dass er in den Vernehmungen unmittelbar nach der Tat nicht auf seine Rechte hingewiesen worden sei.