Kachelmanns neuer Verteidiger Johann Schwenn geht vor Gericht in die Offensive. Erstmals waren Teile der Vernehmungen öffentlich.

Mannheim. Mit einem Rundumschlag gegen Gericht, Staatsanwaltschaft und Medien ist der neue Verteidiger von Jörg Kachelmann in das Verfahren vor dem Landgericht Mannheim gestartet. Es war der erste Auftritt des Hamburger Staranwalts Johann Schwenn in dem Vergewaltigungsprozess gegen den Fernsehmoderator, der sich Anfang der Woche unerwartet von seinen bisherigen Verteidigern getrennt hatte. Und es gab am Mittwoch eine Premiere: Erstmals durfte die Öffentlichkeit bei der Vernehmung einer ehemaligen Geliebten von Kachelmann zeitweise dabei sein.

Schwenn hatte beantragt, die Öffentlichkeit für einen Teil der Vernehmung der 41 Jahre alten Kunsthistorikerin zuzulassen. Dabei gab es einen Einblick in die Methoden, mit denen manche Medien im Umfeld des Kachelmann-Prozesses arbeiten: Die Frau berichtete ausführlich von den zahlreichen Anfragen verschiedener Boulevardblätter und Zeitschriften. Nachbarn seien befragt worden, eine Reporterin habe ihre Eltern „mehrfach belästigt“. Schwenn kündigte an, das Verhalten der Medien im Prozess zu thematisieren und dazu Beweisanträge zu stellen. Kachelmann sei „Ziel einer Demontage durch ein bestimmtes Verlagshaus“, sagte Schwenn.

Der Schweizer steht vor Gericht, weil er beschuldigt wird, seine Ex-Freundin mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben. Der 52-jährige Moderator weist diesen Vorwurf zurück. Der Prozess hat Anfang September begonnen und zieht sich vermutlich noch bis März hin.

Am Vormittag hatte Schwenn gleich die erste Zeugenvernehmung unterbrochen, um in öffentlicher Sitzung das Gericht zu kritisieren. Den Richtern warf Schwenn Missachtung der Persönlichkeitsrechte vor. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete er als „Partei“, der es darum gehe, „Herrn Kachelmann fertig zu machen“.

Schwenn kritisierte die Vernehmung der zahlreichen Ex-Geliebten Kachelmanns. Zwar zeigte er Verständnis, dass das Gericht versuche, sich ein Bild über die Persönlichkeit des Angeklagten zu machen. Dabei falle es jedoch auf, „dass man sich auf Zeuginnen beschränkt, die als Sexualpartner des Angeklagten angesehen werden“. Das Gericht glaube, so Schwenn, „mit juristisch anmutender Genauigkeit dem Sexualverhalten des Angeklagten nachgehen zu müssen“. Bei Zeuginnen, die ihre Privatsphäre schützen wollten, sei dieses Frageverhalten „unappetitlich und abstoßend“.

Schwenn stellte den Antrag, auch Kachelmanns Medienanwalt Ralf Höcker in den nichtöffentlichen Verhandlungen vor dem Landgericht Mannheim zuzulassen. Dies sei erforderlich, um die Persönlichkeitsrechte des angeklagten TV-Wettermoderators zu wahren.

Der Hamburger Anwalt kritisierte vor allem, dass ehemalige Geliebte, die als Zeuginnen vernommen wurden, anschließend in der Zeitschrift „Bunte“ zu Wort kamen. Dort hätten sie sich zum Teil anders geäußert als vor Gericht. Auch deshalb müsse Medienanwalt Höcker bei den nichtöffentlichen Vernehmungen anwesend sein, um beurteilen zu können, „wann und ob es sich empfiehlt, gegen dieses Burda-Blatt vorzugehen“, sagte Schwenn.

Der Burda-Verlag verteidigte sich: „Es besteht ein überragendes öffentliches Informationsinteresse, das gerade durch solche Interviews angemessen befriedigt wird. Auch Herr Kachelmann hat die Medienöffentlichkeit gesucht“, teilte die „Bunte“-Chefredaktion auf dpa-Anfrage mit.

Schwenn äußerte sich indirekt auch dazu, warum er in einem so späten Stadium des Prozesses noch die Verteidigung übernommen habe: „Das, was bisher geschehen ist, ist – abgesehen von der verschrifteten Vernehmung der Nebenklägerin – alles irrelevant.“ Damit bezog sich der Anwalt wohl vor allem auf die umfangreichen Vernehmungen diverser Ex-Geliebter Kachelmanns.

Kachelmann hatte zu Beginn der Woche sein Verteidigerteam umgebaut. Er trennte sich von seinem bisherigen Wahlverteidiger Klaus Schroth und seinem Hauptverteidiger Reinhard Birkenstock. Die Pflichtverteidigerin Andrea Combé wird Kachelmann weiter vertreten.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt, dann soll ein erster Gutachter gehört werden.