Die Regierung hat den Geschädigten noch immer keinen vollen Schadenersatz zugestanden. Die Polizei untersagte aber geplante Proteste.

Budapest. Die Opfer der ungarischen Rotschlamm-Katastrophe vom Oktober wollen trotz eines polizeilichen Verbots demonstrieren, weil sie bislang keinen Schadenersatz bekommen haben. „Wenn sie uns daran hindern wollen zu protestieren, werden wir zivilen Ungehorsam üben“, sagte der Organisator der an diesem Freitag in Devecser geplanten Demonstration, Geza Csenki, der unabhängigen Nachrichtenagentur FH. „Sie haben unser Leben ruiniert, jetzt wollen sie uns auch noch unsere Rechte wegnehmen. Sollen sie doch auf uns schießen!“, fügte er hinzu.

Das Polizeikommando des Bezirks Veszprem hatte am Vortag die Abhaltung der halbseitigen Blockade einer durch Devecser führenden Fernverkehrsstraße untersagt. Der Protest war zuvor von Csenki bei der Polizei in der nahe gelegenen Kleinstadt Ajka ordnungsgemäß angemeldet worden. Die übergeordnete Polizeistelle berief sich auf den in der Region immer noch geltenden Katastrophennotstand. Menschenrechtsaktivisten hielten diese Begründung jedoch für „fadenscheinig“.

Am 4. Oktober war bei Devecser der Damm eines mit Bauxitschlamm (Rotschlamm) gefüllten Abfallbeckens gebrochen. Die giftige rote Masse ergoss sich über mehrere Ortschaften, die unterhalb des Abfallbeckens liegen, darunter Devecser und Kolontar. Zehn Menschen kamen dabei ums Leben, rund 150 erlitten Verletzungen. Mehr als 350 Häuser wurden zerstört, eine Fläche von 40 Quadratkilometern verseucht.

Das Abfallbecken gehört zu einem Bauxitwerk der privaten Ungarischen Aluminium-AG. Die Regierung in Budapest stellte das Unternehmen nach dem Unglück unter staatliche Zwangsverwaltung.