In Ihrem Plädoyer beantragt die Verteidigung Jörg Kachelmanns den Freispruch des Wettermoderators. Das Urteil wird für Ende Mai erwartet. Die Staatsanwaltschaft hält Jörg Kachelmann für schuldig und fordert eine mehrjährige Haftstrafe.

Mannheim. Das seit Wochen mit Spannung erwartete Urteil im Vergewaltigungsprozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann rückt näher. Nun hat auch die Verteidigung ihre Plädoyers vor dem Landgericht Mannheim vorgetragen. Beide Verteidiger beantragten Freispruch und zeigten sich überzeugt, dass die Ex-Freundin von Kachelmann Falschanschuldigung getätigt habe. Im Antrag des Verteidigers Johann Schwenn wird zudem beantragt, dass die Staatskasse sämtliche Verfahrenskosten sowie die Entschädigung für die rund vier Monate lang andauernde Untersuchungshaft tragen müsse. Auf das letzte Wort, das dem Angeklagten zusteht, verzichtete Kachelmann am Dienstag.

Bereits vergangene Woche hatte die Staatsanwaltschaft vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe wegen besonders schwerer Vergewaltigung beantragt. Am 31. Mai will das Landgericht sein Urteil verkünden.

Kachelmann soll die Radiomoderatorin am 9. Februar 2010 nach einem Streit mit einem Messer bedroht und vergewaltigt haben, so die Anschuldigungen der 38-Jährigen. Grund für den Streit sei Kachelmanns Untreue gewesen sein. Die Frau hatte Verletzungen am Hals und blaue Flecke an den Oberschenkeln erlitten. Ermittler stellten das Küchenmesser auf dem Boden des Schlafzimmers sicher. Der Wettermoderator bestreitet die Tat. Es habe einvernehmlichen Sex gegeben. Danach sei es zum Streit und zur einvernehmlichen Trennung gekommen.

Der Prozess gegen Jörg Kachelmann

Die 43 Prozesstage hätten keinerlei objektiven Beweise für eine Vergewaltigung erbracht, so Pflichtverteidigerin Andrea Combé am Dienstagmorgen. In ihrem straff gegliederten Plädoyer stellte sie zudem dar, dass in dem Verfahren weiter Aussage gegen Aussage stehe. "Es gibt nicht einen Sachbeweis, auf den sich die Anklage stützten könnte“, sagte auch Verteidiger Schwenn. In dieser Situation sei eine Verurteilung nicht möglich, denn es gäbe keine objektiven tatbezogenen Beweismittel.

Die Plädoyers der Verteidigung beinhaltete im Wesentlichen drei Kernpunkte: Die Verletzungen der Frau seien Selbstverletzungen, beim angeblichen Tatmesser fehlten DNA-Spuren Kachelmanns. Die Mischspuren am Messergriff könnten durch Sekundärübertragung entstanden sein. Weiter habe das angebliche Vergewaltigungsopfer im Vorfeld gelogen, sodass ihr nicht geglaubt werden könne. Sie habe die Flugtickets, die auf Kachelmann und eine andere Frau ausgestellt waren, schon Monate vor der angeblichen Vergewaltigung erhalten. Sie habe Kachelmann "eine Falle gestellt“, sagte Schwenn. Ihr Motiv sei Rache gewesen, nachdem ihr Traum von einer gemeinsamen Zukunft mit Kachelmann geplatzt sei.

Schwenn warf in seinem Plädoyer der als Nebenklägerin auftretenden Ex-Freundin weiter vor, sie wisse, dass bei den Ermittlern "inzwischen die Empathie mit den angeblichen Opfern die Oberhand gewonnen“ habe. Die Strafkammer des Landgerichts Mannheim sei aber "nicht die Retterin enttäuschter Frauen“, sagte Schwenn. Dies könne das Gericht getrost Alice Schwarzer überlassen, fügte er mit Blick auf die Journalistin und "Emma“-Herausgeberin hinzu.

Der Staatsanwaltschaft Mannheim unterstellten Schwenn und Combé „Verfolgungseifer“ gegen ihren Mandanten. Der Verteidiger wiederholte auch noch einmal seine Medienschelte gegen verschiedenen Presseorgane, die das Sexualleben Kachelmanns breitgetreten und seine Persönlichkeitsrechte verletzt hätten. Jeder Ehemann, der sich einer Jüngeren zuwende, würde mehr zerstören als es Kachelmann getan habe, sagte er.

Die im Gericht anwesende Nebenklägerin folgte den Plädoyers mit von Kachelmann abgewandtem Gesicht. Während des Plädoyers von Verteidigerin Combé schüttelte sie mehrfach den Kopf. Als ihr die Anwältin gezielte Selbstverletzungen vorwarf, weinte sie zeitweise.

Kachelmann hörte dem Plädoyer aufmerksam, aber ohne äußere Regung zu. (abendblatt.de/dapd)

Kachelmann-Anwalt Schwenn im Porträt: Ruhig im Ton, deutlich in der Sache

Im eleganten dreiteiligen Anzug mit passender Krawatte, so pflegt der Hamburger Staranwalt Johann Schwenn vor dem Landgericht Mannheim aufzutreten. In hanseatisch-ruhigem Ton, aber deutlich in der Sache verteidigt er Jörg Kachelmann. Der 64-Jährige lässt keinen Zweifel daran, dass die Spurenlage von Anfang an „nicht das Geringste“ hergegeben habe. Schwenn legte sich während des Prozesses mit Gericht, Staatsanwaltschaft und Medien an. Beim Plädoyer am Dienstag überließ der redegewandte Jurist allerdings seiner Kollegin Andrea Combé den Vortritt.

Denn Schwenn war erst nachträglich in das Verfahren eingestiegen. Ende November trennte sich Kachelmann überraschend von seinen Anwälten Reinhard Birkenstock und Klaus Schroth - und mandatierte Schwenn. Ein ehemaliger Mandant soll ihm den Hamburger Verteidiger empfohlen haben. Der ging sofort auf Konfrontationskurs: Die Staatsanwälte nannte er „um einiges verdächtiger als Herr Kachelmann“, den Therapeuten des mutmaßlichen Opfers bezeichnete er als „Scharlatan“. Er beantragte, die Redaktionen der Zeitschriften „Bunte“ und „Focus“ zu durchsuchen, weil er eine Medienkampagne vermutete.

Gelegentlich rügte er die Richter, wenn sie - seiner Meinung nach - einen unpassenden Gesichtsausdruck machten. Kachelmann ist nicht der erste prominente Mandant des 64-Jährigen: Schwenn vertrat unter anderem Markus Wolf, Jan Ullrich, Gregor Gysi und Jan-Philipp Reemtsma. (dpa)