Pflichtverteidigerin Andrea Combé sprach am Ende ihres rund dreistündigen Plädoyers von einer bewussten Falschanschuldigung der Ex-Freundin Kachelmanns.

Mannheim. Die beiden Verteigiger haben Im Vergewaltigungsprozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann am Dienstag mit ihren Plädoyers begonnen. Pflichtverteidigerin Andrea Combé sprach am Ende ihres rund dreistündigen Plädoyers von einer bewussten Falschanschuldigung der Ex-Freundin Kachelmanns. Die erlittenen Verletzungen habe sie sich nach Überzeugung der Verteidigung selbst zugefügt. Es gebe keinerlei objektive Beweise, dass in der Nacht zum 9. Februar 2010 eine Vergewaltigung stattgefunden habe.

Im Gegensatz dazu hatte die Staatsanwaltschaft vergangene Woche vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe wegen besonders schwerer Vergewaltigung beantragt. Das Landgericht Mannheim will sein Urteil am 31. Mai verkünden.

Der Prozess gegen Jörg Kachelmann

Die im Gericht anwesende Ex-Freundin des Schweizers folgte dem Plädoyer mit von Kachelmann abgewandtem Gesicht. Während des Plädoyers schüttelte sie mehrfach den Kopf und weinte zeitweise. Besucher quittierten das Plädoyer der Verteidigerin mit Beifall.

Anwältin Combé führte aus, dass bei der angeblichen Vergewaltigung Aussage gegen Aussage stehe. Denn Kachelmann bestritt in seiner einzigen Aussage vor dem Haftrichter im März 2010 die Vergewaltigung, es habe vielmehr einvernehmlichen Sex gegeben. Eine Verurteilung sei in der Situation der gegensätzlichen Aussage nur bei «objektiven tatbezogenen Beweismitteln» möglich, so Combé weiter. Diese fehlten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch. Die Mischspur am Griff des Küchenmessers sei Kachelmann nicht eindeutig zuzuordnen. Sie könne durch Sekundärübertragung auf den Griff gekommen sein, etwa indem das mutmaßliche Opfer zunächst einen von Kachelmann berührten Gegenstand anfasste und danach den Messergriff.

Auch die Verletzungen am Hals und den Oberschenkeln könne sie laut Gutachten selbst hergestellt haben. Combé erinnerte an die Lügen der Frau bei der Polizei. Dort habe sie bei vielen Aussagen angegeben, dass sie die Flugtickets mit dem Namen Kachelmanns und einer anderen Frau erst am Vortag der angeblichen Tatnacht erhalten hätte. Tatsächlich seien es Monate gewesen und sie hätte unter falschem Namen auch E-Mail-Kontakt zu der möglichen Nebenbuhlerin aufgenommen. Keine der Polizeibeamtinnen habe die Lüge bemerkt. Erst nachdem dies ermittelt war, räumte sie ihre Lügen ein. «Wenn ein Beschuldigter ein solches Verhalten an den Tag legte, würde man ihm hohe kriminelle Energie bescheinigen», so die Verteidigerin.

Als völlig mangelhaft bewertete die Verteidigerin die lückenhafte Aussage zum Ablauf der Vergewaltigung. Dass die Erinnerungslücken Folge des Schocks waren, weil sie von Kachelmanns vielen Parallelbeziehungen erst kurz vorher erfahren hatte, schloss Combé aus. Sie habe schon länger Vermutungen über seine Untreue gehabt. In sämtlichen Fällen gebe es keine «objektiv tatbezogenen Beweismittel, welche die Angaben der Nebenklägerin stützen», hob Combé hervor. Der Staatsanwaltschaft attestierte die Rechtsanwältin «Verfolgungseifer» gegen ihren Mandanten.Die Anwältin sah Rache als Motiv. Nach elf Jahren sei ihr Bild von einer gemeinsamen Zukunft mit Kachelmann zusammengebrochen. In Enttäuschung über dessen Promiskuität habe sie sogar ihre Eltern manipuliert und ihnen nichts von den lange zuvor zugesandten Flugtickets erzählt, um dem Vergewaltigungsvorwurf größere Glaubwürdigkeit zu verleihen. Kachelmann hörte dem Plädoyer aufmerksam, aber ohne äußere Regungen zu.

Am Nachmittag wird Verteidiger Johann Schwenn plädieren. Es wird erwartet, dass er am Ende Freispruch beantragen wird.

Der Prozess gegen Jörg Kachelmann im Überblick

Nach mehr als acht Monaten ist im Prozess gegen den Wettermoderator Jörg Kachelmann ein Ende in Sicht: In dieser und der kommenden Woche halten Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidiger ihre Plädoyers, am 31. Mai will das Landgericht Mannheim das Urteil verkünden. Die Nachrichtenagentur dpa dokumentiert den gesamten Prozessverlauf.

6. September 2010: 1. Verhandlungstag. Nur wenige Minuten nach Beginn wird der Prozess vertagt. Die Anwälte Kachelmanns hatten Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden Richter Michael Seidling und die Richterin Daniela Bültmann gestellt. Das mutmaßliche Opfer erscheint überraschenderweise vor Gericht.

13. September: 2. Verhandlungstag. Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge verliest die Anklage. Demnach soll Kachelmann seine langjährige Geliebte mit einem Messer bedroht und vergewaltigt haben. Kachelmann sagt bis auf seine Personalien nichts. Dabei bleibt es während des ganzen Verfahrens.

15. September: 3. Verhandlungstag. Der Notruf des mutmaßlichen Opfers wird vorgespielt. Als erster Zeuge wird der ermittelnde Kriminalbeamte gehört. Auch eine der Geliebten des Moderators sagt aus, eine 24-jährige Psychologiestudentin – jedoch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Kriminaltechniker schildert dem Gericht, wie am Tatort Spuren gesichert wurden.

22. September: 4. Verhandlungstag. Als Zeugen werden zwei Angestellte des Hotels gehört, in dem Kachelmann am frühen Morgen der angeblichen Tatnacht eingecheckt hatte. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird die 70-jährige Mutter des mutmaßlichen Opfers gehört.

29. September: 5. Verhandlungstag. Polizistinnen schildern, wie es der 37-jährigen Ex-Geliebten während der Vernehmungen ging. Sie zweifeln nicht an ihrer Glaubwürdigkeit. Kachelmanns Verteidiger ziehen ihren Gutachter Tilman Elliger zurück. Er hatte Aufsehen erregt, weil er auf Kachelmanns U-Haft-Entlassungsparty in einem Kölner Restaurant gesehen worden war. 4. Oktober: 6. Verhandlungstag. Der 71-jährige Vater des mutmaßlichen Opfers sowie eine 23-jährige Ex-Freundin von Kachelmann sagen als Zeugen aus. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen. 6. Oktober: 7. Verhandlungstag. Wegen Befangenheit lehnt das Gericht einen Sachverständigen der Verteidigung ab. Es bestünden Zweifel an der Unparteilichkeit des rechtsmedizinischen Gutachters Bernd Brinkmann. Zwei Ex-Freundinnen Kachelmanns – eine 37 Jahre alte verheiratete Lehrerin sowie eine 33-jährige Meteorologin und Moderatorin – werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit vernommen.

11. Oktober: 8. Verhandlungstag. Kachelmanns Anwälte beantragen, ihren Gutachter Brinkmann im Verfahren wieder zuzulassen. Das Gericht befragt eine 33 Jahre alte Ex-Freundin des Angeklagten, wieder unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

13. Oktober: 9. Verhandlungstag. Das mutmaßliche Opfer soll vernommen werden. Anwalt Birkenstock beantragt, dass die Frau über ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach Paragraf 55 Strafprozessordnung belehrt werde – demnach muss sie nicht aussagen, wenn sie sich dadurch selbst belasten könnte. Das Gericht lehnt dies ab. Daraufhin stellt die Verteidigung einen neuen Befangenheitsantrag gegen die drei Berufsrichter der Strafkammer. Das mutmaßliche Opfer ist während des prozessualen Geschachers im Gerichtssaal, ihr Gesicht wird auf eine Videoleinwand übertragen. Diese soll eigentlich den Gutachtern helfen, die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage zu beurteilen.

18. Oktober: 10. Verhandlungstag. Die Vernehmung des mutmaßlichen Opfers beginnt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Zuvor hatte das Gericht im Streit mit der Verteidigung nachgegeben: Es belehrte die ehemalige Geliebte über ihr Aussageverweigerungsrecht.

20. Oktober: 11. Verhandlungstag. Das Gericht weist den Befangenheitsantrag gegen die drei Richter ab. Kachelmanns Ex- Geliebte schildert das Tatgeschehen aus ihrer Sicht.

25. Oktober: 12. Verhandlungstag. Die ehemalige Geliebte Kachelmanns hält vor Gericht an ihren Beschuldigungen fest. Bei ihrer Ankunft am Landgericht erregt die 37-Jährige Aufsehen: Um sich vor den Fotografen zu schützen, hält sie sich ein Buch vor den Kopf. Titel: „Der Soziopath von nebenan“.

27. Oktober: 13. Verhandlungstag. Nach insgesamt mehr als 20 Stunden wird die Vernehmung der ehemaligen Geliebten abgeschlossen. Verteidiger Reinhard Birkenstock zeigt sich zufrieden. Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge bezeichnet das als „Wunschdenken“. 8. November: 14. Verhandlungstag. Eine weitere ehemalige Geliebte wird gehört. Die 29 Jahre alte Försterin soll über ihre Beziehung zu dem Fernsehmoderator aussagen. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen. Am Ende der Sitzung wird bekannt: Die Zeugin hatte schon vor ihrer Aussage einen Exklusivvertrag mit der Zeitschrift „Bunte“ geschlossen.

10. November: 15. Verhandlungstag. Eine Frauenärztin beschreibt den Zustand des mutmaßlichen Opfers nach der angeblichen Vergewaltigung als „ruhig und gefasst“. Birkenstock kritisiert die Rolle der Medien. Anlass ist der Exklusivvertrag zwischen der Försterin und der „Bunten“.

29. November: Kachelmann wechselt überraschend seine Verteidiger - Reinhard Birkenstock und Klaus Schroth beenden das Mandat, es übernimmt der Hamburger Strafverteidiger Johann Schwenn.

1. Dezember: 16. Verhandlungstag. Erster Auftritt von Kachelmanns neuem Verteidiger Johann Schwenn. Es werden zwei weitere Ex-Geliebte gehört. Schwenn kündigt an, die Rolle der Medien im Prozess zu thematisieren und dazu Beweisanträge zu stellen. 3. Dezember: 17. Verhandlungstag. Schwenn stellt einen Befangenheitsantrag gegen die Sachverständige Luise Greuel und lässt die Unterlagen des Therapeuten Günter Seidler beschlagnahmen. Er bezeichnet Seidler als „Scharlatan“. 8. Dezember: 18. Verhandlungstag. Schwenn beantragt, die Redaktionen der Zeitschriften „Bunte“ und „Focus“ durchsuchen zu lassen. Er wirft den Blättern vor, sie wollten mit „gekauften Zeuginnen“ den Prozess beeinflussen. Deshalb will Schwenn Schriftstücke und Datenträger sicherstellen lassen, die seiner Ansicht nach Kachelmann entlasten könnten. Die Bild-Zeitung schreibt am Tag danach: „Irre Show im Gerichtssaal!“

10. Dezember: 19. Verhandlungstag. Schwenn bleibt auf Konfrontationskurs. Er wirft den Staatsanwälten Gattner und Oltrogge vor, sie hätten sich möglicherweise strafbar gemacht, weil sie Ermittlungsergebnisse an die Presse weitergegeben hätten. „Die beiden Herren mir gegenüber sind um einiges verdächtiger als Herr Kachelmann!“, sagt Schwenn in Richtung der Staatsanwälte. Es kommt zu einer lautstarken Auseinandersetzung.

13. Dezember: 20. Verhandlungstag. Der Münsteraner Rechtsmediziner Bernd Brinkmann wird als sachverständiger Zeuge gehört. Brinkmanns Untersuchungen zu den Verletzungen des mutmaßlichen Opfers legen nahe: Die Frau könnte sich die Blutergüsse an ihren Oberschenkeln auch selbst zugefügt haben.

20. Dezember: 21. Verhandlungstag. Ein Experte des Landeskriminalamts wird zu den Ergebnissen der genetischen Untersuchungen vernommen. Die Spuren am angeblichen Tatmesser scheinen nicht zum Tatvorwurf zu passen. Die DNA-Spuren am Griff lassen sich nicht eindeutig zuordnen. Sowohl an der Messerspitze als auch am Rücken der Klinge finden sich keine nachweisbaren DNA-Spuren, auch nicht des mutmaßlichen Opfers. Kachelmann soll ihr jedoch während der Tat den Messerrücken an den Hals gedrückt haben. „Es gibt keine Hinweise darauf, dass mit dem Rücken oder der Spitze Verletzungen herbeigeführt wurden“, so der LKA-Experte.

21. Dezember: 22. Verhandlungstag. Polizeibeamte werden über die Vernehmung des mutmaßlichen Opfers befragt.

19. Januar 2011: 23. Verhandlungstag. Das Landgericht begutachtet nach einer vierwöchigen Prozesspause eine Videoaufnahme aus der Vernehmung von Kachelmanns Ex-Freundin. Die Öffentlichkeit wird dabei ausgeschlossen. Das Gericht kann laut Staatsanwaltschaft voraussichtlich eine Zeugin in der Schweiz vernehmen, die nicht in Deutschland aussagen will.

24. Januar: 24. Verhandlungstag. Das Landgericht weist den Befangenheitsantrag gegen die psychologische Sachverständige Luise Greuel ab. Greuel soll die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers beurteilen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wird erneut der umstrittene Trauma-Experte Seidler befragt.

01. Februar: 25. Verhandlungstag. Auch einer der wichtigsten Sachverständigen bringt nicht die erhoffte Klarheit. Der Heidelberger Rechtsmediziner Rainer Mattern hatte das mutmaßliche Opfer dreimal untersucht. Doch die entscheidende Frage, ob sie sich ihre Verletzungen möglicherweise selbst zugefügt hat, konnte er weder ausschließen noch bestätigen. „Man kann alle diese Dinge, wenn man entschlossen genug ist, sich selbst zufügen.“ 3. Februar: 26. Verhandlungstag. Buh-Rufe im Gerichtssaal: Das Publikum murrt, weil es auch bei der erneuten Befragung des Therapeuten Seidler nicht dabei sein darf. Schwenn hatte beantragt, Seidler in öffentlicher Sitzung eine Reihe von Fragen zu stellen - das Gericht lehnte dies ab. Außerdem beantragt Schwenn, die Journalistin Alice Schwarzer als Zeugin zu vernehmen. Die bekannte Feministin, die für die „Bild“-Zeitung über den Prozess schreibt, soll zu ihren Kontakten zu Seidler aussagen. 9. Februar: 27. Verhandlungstag. Der Rechtsmediziner Rainer Mattern wird weiter vernommen, außerdem die von Kachelmann benannten rechtsmedizinischen Gutachter Markus Rothschild und Klaus Püschel. Die Ergebnisse sprechen eher für Kachelmann: Am Messerrücken sind keine DNA-Spuren des mutmaßlichen Opfers, obwohl nach ihrer Darstellung der Tat dort welche hätten sein müssen. Die Art der Verletzungen spricht zumindest nach Ansicht von Püschel und Rothschild dafür, dass sich die Frau die Wunden selbst zugefügt hat. Alice Schwarzer verweigert die Aussage. Sie beruft sich auf ihr gesetzliches Recht, als Journalistin das Zeugnis zu verweigern.

23. Februar: 28. Verhandlungstag. Schwenn beantragt, eine langjährige Ex-Freundin des Wettermoderators solle offenlegen, wie viel Geld sie für ihre Äußerungen in der „Bunten“ erhalten hat. Schwenn beantragte zudem, den Anwalt der Ex-Geliebten, Thomas Franz, als Zeugen zu vernehmen. Er bezweifelt, dass Franz dem Therapeuten der Frau tatsächlich von Sorgen des Oberlandesgerichts Karlsruhe um sie berichtete, nachdem das Gericht am 29. Juli den Haftbefehl gegen Kachelmann aufgehoben hatte.

25. Februar: 29. Verhandlungstag. Ein Gutachter weist darauf hin, dass sich Opfer von Gewalttaten in der Regel gut an die Tat erinnern könnten. Er nährte damit Zweifel an der These, dass Erinnerungslücken Folgen einer Traumatisierung seien. Der Therapeut mutmaßlichen Opfers, Günter Seidler, vertritt diese zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft umstrittene Ansicht. Schwenn beantragt, Staatsanwalt Oskar Gattner als Zeugen zu vernehmen. Schwenn bezweifelte, dass die Staatsanwaltschaft Angaben einer angeblichen Ex-Geliebten in der Schweiz korrekt wiedergegeben habe. Die Frau soll Kachelmann bei einem Telefonat mit den Ermittlern angeblich belastet haben.

1. März: 30. Verhandlungstag. Der Vorsitzende Richter Michael Seidling kündigt an, das Gericht wolle das Verfahren im Mai abschließen. Beisitzer Joachim Bock stellt in der Verhandlung klar, dass er nicht etwa aus Langeweile während der Verhandlung seine Fingernägel inspiziert habe, sondern, weil die Haut rissig war und geschmerzt habe. Die „Spiegel“-Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen hatte über Bocks angebliche Nagelbetrachtung geschrieben. Zwei Computerexperten der Polizei werden gehört; sie haben die Handys und Laptops von Kachelmann und seiner Ex-Geliebten ausgewertet. Ergebnis: Kachelmann war in der angeblichen Tatnacht noch eine ganze Weile im Internet unterwegs; die Frau hat bereits ein Jahr vorher nach dem Namen einer anderen Geliebten gegoogelt. 3. März: 31. Verhandlungstag. Das Gericht kündigt an, das mutmaßliche Opfer noch einmal zu vernehmen.

21 März: 32. Verhandlungstag. Schwenn stellt gegen eine Zeugin Strafantrag wegen Falschaussage. „Focus“ und „Bild am Sonntag“ verdächtigte er, eine Schweizer Zeugin als Informationsquelle bezahlt zu haben. Die Schweizerin soll den Blättern zufolge bei ihrer Vernehmung in Zürich von Übergriffen Kachelmanns berichtet haben. Schwenn beantragte, die Chefredaktionen sollten die Vergütungsvereinbarung mit der Frau offenlegen. Der Anwalt glaubt, dass die Frau die Quelle für Berichte in beiden Blätter Anfang März war.

23. März: 33. Verhandlungstag. Eine Ex-Geliebte von Jörg Kachelmann hat 50 000 Euro für ein Interview mit der „Bunten“ kassiert. Das geht aus einer Vergütungsvereinbarung hervor. Das Gericht vernimmt einen Kriminalbeamten, der bei der Festnahme Kachelmanns am Frankfurter Flughafen dabei war. Der Schweizer habe gefasst gewirkt, sagte der Polizist. Der Beamte hatte bei dem Einsatz seine Tochter mitgenommen, die ein Praktikum in der Dienststelle ihres Vaters machte.

25. März: 34. Verhandlungstag. Das mutmaßliche Opfer wird nochmals vernommen. Erstmals hat Schwenn die Möglichkeit, die mittlerweile 38-Jährige zu befragen. Die Öffentlichkeit bleibt ausgeschlossen. Nach knapp zwei Stunden ist die Befragung beendet. Wie der Vorsitzende Richter Seidling anschließend mitteilt, bleibt die Frau bei ihren Vorwürfen.

29. März: 35. Verhandlungstag. Zum ersten Mal sagt eine ehemalige Geliebte Kachelmanns in öffentlicher Verhandlung vor Gericht aus. Die 34-Jährige verteidigte ihre Entscheidung, der Zeitschrift „Bunte“ ein Interview zu geben. Sie habe es auch getan, um die gescheiterte Beziehung zu verarbeiten. Dafür bekam sie 50 000 Euro. Spekulationen über eine mögliche Heirat Kachelmanns gehen weiter. Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, soll der 52-Jährige eine 25 Jahre alte Psychologiestudentin geheiratet haben. 31. März: 36. Verhandlungstag. Die Staatsanwälte Oskar Gattner und Lars-Torben Oltrogge berichten, dass Kachelmanns Ex-Geliebte die Ermittler zunächst hartnäckig in einem Punkt belogen hat: Die Radiomoderatorin hatte zunächst behauptet, sie habe erst am Tattag aus einem anonymen Schreiben erfahren, dass Kachelmann eine Beziehung zu einer anderen Frau habe. Dann jedoch ergab die Auswertung der Daten auf ihrem Computer, dass sie schon vorher über Facebook Kontakt zu einer anderen Geliebten hatte. Am Tatverdacht änderte das für die Staatsanwälte nichts. 4. April: 37. Verhandlungstag. Der Hirnforscher Hans Markowitsch soll die Erinnerungslücken des mutmaßlichen Opfers erklären. Für die Details wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen.

2. Mai: 38. Verhandlungstag. Die psychologische Sachverständige Luise Greuel erstattet ihr Gutachten zur Glaubhaftigkeit der Aussage des mutmaßlichen Opfers. Ihre Einschätzung gilt als entscheidend für das Verfahren. Als es um die Aussage der Ex-Geliebten geht, wird die Öffentlichkeit wieder ausgeschlossen. 5. Mai: 39. Verhandlungstag. Der Psychiater Hartmut Pleines wird zur Schuldfähigkeit Kachelmanns befragt. Ergebnis: Kachelmann zeige „keinen Hinweis auf gröbere psychische Störungen“. Auch eine narzisstische Persönlichkeitsstörung schließt Pleines aus. Vom „Idealbild einer ausgeglichenen Persönlichkeit“ sei er aber ein gutes Stück entfernt. Schuldfähig, wenn es denn darauf ankäme, wäre er allemal. 9. Mai: 40. Verhandlungstag. Als letzter Gutachter sagt der Psychologe Günter Köhnken aus. Wie die Psychologin Greuel kommt er zu dem Ergebnis, dass die Glaubhaftigkeit der Aussage mit den Methoden der Aussagepsychologie nicht bestätigt werden kann. Er glaubt aber nicht, dass sie sich die Tat durch Autosuggestion eingebildet hat. Wenn sie also die Unwahrheit gesagt hat, dann hätte sie demnach bewusst gelogen. Greuel dagegen hält es für möglich, dass die Erinnerungen der Frau teilweise autosuggestiv verfälscht wurden.

11. Mai: 41. Verhandlungstag. Das Gericht weist die noch letzten offenen Beweisanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ab. Das Gericht bestätigt, dass Kachelmann eine 25-jährige Psychologiestudentin geheiratet hat.

(dapd/abendblatt.de)