Die Asiaten sollen Vorrundenspiele in der Doppel-Konkurrenz manipuliert haben, um in der K.o.-Runde leichtere Kontrahenten zu haben.

London. Olympia hat seinen ersten großen Skandal, und die Schuldigen sind hart bestraft worden: Vier asiatische Badminton-Doppel, die am Dienstagabend alles versucht hatten, um aus taktischen Gründen ihre Spiele zu verlieren, wurden vom Weltverband BWF disqualifiziert. Angeblich berät die BWF sogar über eine Sperre der acht beteiligten Spielerinnen für Olympia 2016 in Rio.

Das IOC schloss die Betroffenen allerdings nicht offiziell von den Spielen in London aus und hat auch Forderungen nach einer Streichung der Sportart aus dem olympischen Programm vorerst eine Absage erteilt. „Dafür ist es noch zu früh. Wir warten erst einmal die weitere Vorgehensweise des Badminton-Weltverbandes ab“, sagte IOC-Sprecher Mark Adams am Mittwoch.

Europameister Marc Zwiebler war fassungslos. „Was da passiert ist, ist so dumm und eine Schande für unseren Sport“, sagte der

28-Jährige dem SID. Das IOC jedenfalls begrüßte ausdrücklich die Entscheidung der BWF, die acht Spielerinnen zu disqualifizieren. „Wir stimmen dem Verband zu“, hieß es in einer Stellungnahme, „ein derartiges Verhalten ist nicht vereinbar mit den Werten Olympias.“

Die amtierenden Weltmeisterinnen Wang Xiaoli und Yu Yuyang (China), die bereits für das Viertelfinale qualifiziert waren, hatten das letzte Grupppenspiel gegen Jung Kyung Eun/Kim Ha Na (Südkorea) abgeschenkt. Im ersten Satz schlugen sie neun Aufschläge ins Netz oder weit ins Aus, um erst im Finale auf ihre Landsleute Tian Qing/Zhao Yunlei treffen zu können.

Inspiriert von dieser „Taktik“ versuchten später auch Greysia Polii und Meiliana Jauhari (Indonesien) sowie Ha Jung Eun/Kim Min Jung (Südkorea) im Spiel gegeneinander absichtlich zu verlieren. Der Einspruch der Teams aus Indonesien und Südkorea wurde am Mittwoch abgelehnt, wie die Nachrichtenagentur AFP meldete. Die chinesische Mannschaftsleitung erkannte derweil die Maßnahmen des Weltverbandes offiziell an und entschuldigte sich für das „unsportliche und respektlose Verhalten“ ihrer Spielerinnen.

Michael Vesper, Chef de Mission der deutschen Olympiamannschaft, sagte dem SID: „Die Entscheidung des Badminton-Weltverbandes ist konsequent und richtig und sollte allen eine Lehre sein. Taktieren gehört sicher zum Sport, aber Manipulation darf keine Chance haben.“

Die Reaktionen auf den Eklat fielen eindeutig aus: „Das ist deprimierend und einfach nicht zu akzeptieren“, sagte Londons OK-Chef Sebastian Coe. DBV-Sportdirektor Martin Kranitz machte sich im Gespräch mit dem SID sogar Gedanken um die olympische Zukunft der Sportart: „Solche Sachen werden innerhalb des IOC natürlich nicht gerne gesehen.“

Zwiebler hofft nun, dass das IOC noch einmal Gnade vor Recht ergehen lässt und der Sportart eine zweite Chance gibt. „Aber es muss jetzt dringend etwas geändert werden“, sagte er dem SID: „Vielleicht zwingt der öffentliche Druck den Weltverband dazu, endlich zu handeln. Die Chinesen und Südkoreaner manipulieren schon so lange, ich hätte aber nicht gedacht, dass sie es nun vor der gesamten Weltöffentlichkeit durchziehen.“

Der Weltverband hatte zum ersten Mal in der olympischen Badmintongeschichte Gruppenspiele eingeführt und damit die „taktischen Spielchen“ überhaupt erst ermöglicht. Dabei hätte die BWF gewarnt sein müssen: Bereits 2008 war es bei der Mannschafts-WM zu Manipulationen gekommen, daraufhin war der Modus geändert worden. In London standen alle vier betroffenen Teams bereits vor dem letzten Gruppenspiel sicher im Viertelfinale.

Nach der Disqualifikation der vier Damendoppel rücken nun Badminton-Exoten ins olympische Viertelfinale. Unter den besten Acht treffen nun Waleria Sorokina/Nina Wislowa (Russland) und Michelle Edwards/Annari Viljoen (Südafrika) sowie Alex Bruce/Michelle Li (Kanada) und Leanne Choo/Renuga Veeran (Australien) aufeinander.

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Athleten-Eid gegen Betrug und Manipulation

Alle Teilnehmer der Olympische Spiele verpflichten sich zu fairem Wettkampfverhalten. Dokumentiert wird der Fair-Play-Gedanke durch den olympischen Eid. Bei der Eröffnungsfeier spricht ein Athlet die Formel: „Im Namen aller Athleten verspreche ich, dass wir an den Olympischen Spielen teilnehmen und dabei die gültigen Regeln respektieren und befolgen und uns dabei einem Sport ohne Doping und ohne Drogen verpflichten, im wahren Geist der Sportlichkeit, für den Ruhm des Sports und die Ehre unserer Mannschaften.“

Pierre de Coubertin, der Gründer der Olympischen Spiele der Neuzeit, hatte seine Vorstellungen zu einem solchen Eid in seinen Schriften formuliert. „Im Stadion, voll besetzt mit einem Publikum aus aller Welt, werden sie einen Eid schwören, von dem jedes Wort ein Bekenntnis und eine Ehren-Verpflichtung ist, wonach sie, da bin ich sicher, ihr Bestes geben werden.“ Eine anfängliche Fokussierung auf ein Bekenntnis zum Amateursport wurde später gestrichen.

Bei den London-Spielen hatte die britische Taekwondo-Kämpferin Sarah Stevenson den Eid bei der Eröffnungsfeier am Freitag im Olympiastadion gesprochen. Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen liegen zunächst bei dem jeweiligen Sportverband. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) kann die Entscheidungen später revidieren.

(abendblatt.de/dpa/sid)