Beim Spiel des FC St. Pauli gegen Erzgebirge Aue flog erneut ein Becher Richtung Schiedsrichter. Verteidiger Lasse Sobiech erlitt einen Außenbandriss.

Hamburg. Verteidiger Lasse Sobiech wird dem Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli mehrere Wochen fehlen. Der 20-Jährige hat sich am Freitagabend in der Partie gegen Erzgebirge Aue einen Außenbandriss sowie eine Dehnung im Sprunggelenk zugezogen, wie die Hamburger am Montag mitteilten. „Hinzukommt eine starke Schwellung, aber er hat sich weder einen Knorpelschaden noch einen Bruch zugezogen. Er betreibt weiterhin intensive Physiotherapie, mit der er bereits am Sonnabend begonnen hat. Gegebenenfalls kann er bald mit leichtem Lauftraining beginnen. Sobiech fällt dennoch mehrere Wochen aus“, sagte Mannschaftsarzt Dr. Lütten.

Nein, es sind derzeit keine erfreuliche Tage für den FC St. Pauli. Neben der Verletzung von Sobiech und der 2:3-Schlappe gegen Erzgebirge Aue - durch die St. Pauli bei einem Frankfurter Sieg heute Abend gegen Dynamo Dresden auf Platz vier abrutschen würde - kam es zu einem weiteren negativen Höhepunkt am vergangenen Wochenende: Nach dem Spiel gab es einen Becherwurf von der Tribüne. Schiedsrichter Christian Leichner wollte nach dem Schlusspfiff gerade das Stadion verlassen und lief zwischen Süd- und Haupttribüne in die Katakomben, als ein Hartplastikbecher nach ihm geworfen wurde.

Der Becher soll nicht mehr gefüllt gewesen sein, es ist auch unklar, ob Schiedsrichter Leicher überhaupt getroffen wurde. Der Täter wurde identifiziert und von Ordnern aus dem Fanblock der Südtribüne abgeführt. Die Polizei nahm daraufhin seine Personalien auf und ließ ihn später laufen. Auch von einigen Zeugen wurden die Daten erfasst. Der Unparteiische aus Landshut blieb unverletzt, erklärte jedoch, dass er den Vorgang im Spielbericht vermerken würde. Ein Vermerk, der den FC St. Pauli empfindlich treffen könnte.

Noch wurden vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) zwar keine Ermittlungen aufgenommen, da der Bericht des Schiedsrichters erst heute oder morgen erwartet wird. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es sie geben wird. Denn: Es ist der zweite Vorfall dieser Art im Millerntor-Stadion innerhalb von sechs Monaten.

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Am 1. April im Heimspiel gegen Schalke 04 hatte ein voller Bierbecher den Schiedsrichterassistenten Thorsten Schiffner am Kopf getroffen. Das Spiel wurde abgebrochen, St. Pauli musste sich erklären, ein Geisterspiel wurde angedroht, das Vizepräsident Gernot Stenger und Sportchef Helmut Schulte jedoch abwenden konnten mit dem Hinweis darauf, dass es ja die Tat eines Einzelnen gewesen sei. Die Strafe wurde reduziert, und der Verein musste sein erstes Heimspiel in dieser Saison in Lübeck vor nur 12 500 Zuschauern austragen. Die finanziellen Einbußen lagen bei rund 400 000 Euro, gegen den Täter läuft derzeit ein Gerichtsverfahren.

DIE AKTUELLE TABELLE

Der neue Fall gestaltet sich ein wenig anders, die Folgen könnten jedoch angesichts des Wiederholungsfalles noch verheerender sein. Auch für den Täter, den der Becherwurf teuer zu stehen kommen könnte, wenn der Verein ihn bei einer möglichen Strafe auf Schadenersatz verklagt. Zudem wird sicher ein Stadionverbot ausgesprochen.

"Der Vorfall ist natürlich saublöd, gerade, weil wir bei dem Thema schon im Fokus stehen. Aber es kommt nicht nur bei St. Pauli vor, dass Gegenstände auf den Platz fliegen", sagt Stefan Schatz, Fanbeauftragter des FC St. Pauli. "Das soll keine Entschuldigung sein, solche Taten von Einzelnen lassen sich aber einfach nicht verhindern."

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Um Spieler und Schiedsrichter besser schützen zu können, macht sich der Klubvorstand nach dem erneuten Vorfall jetzt intern Gedanken darüber, bauliche Veränderungen vorzunehmen. Das könnte bedeuten, dass es in Zukunft die von den Fans ungeliebten Fangnetze geben wird. Ein weiterer Ansatz wäre die Verlängerung des Spielertunnels bis auf den Platz. Im Dialog mit den Fans und dem DFB wartet viel Arbeit auf den Verein.

Auch Trainer André Schubert hat viel zu tun. Er muss zwar keine psychologische Aufbauarbeit leisten, da die Mannschaft gefestigt ist und den sportlichen Rückschlag verkraften wird. Dennoch bot die zweite Saisonniederlage genug Anlass für Verbesserungen. Zudem wird sich der Trainer Gedanken darüber machen müssen, wie er in den nächsten Spielen Lasse Sobiech ersetzen will. Der Innenverteidiger verletzte sich bei einer Rettungsaktion schwer, als er mit voller Wucht gegen den Pfosten prallte und bei der Landung umknickte. Gestern wurde das Sprunggelenk geröntgt und vorsorglich eingegipst. Mannschaftsarzt Johannes Holz konnte einen Knöchelbruch ausschließen, die heutige Kernspintomografie wird Klarheit darüber bringen, ob die Innenbänder in Mitleidenschaft gezogen wurden und wie stark die Prellung ist. "Es ist kein gutes Zeichen, dass der Spieler gar nicht auftreten kann und bei Belastung starke Schmerzen hat", sagt Holz. Der Ausfall von Sobiech wiegt schwer, da der 20-Jährige bislang eine starke Saison spielt. Als Alternativen stehen Kapitän Fabio Morena und Ralph Gunesch bereit.