19 Punkte aus acht Spielen sind der beste Saisonstart aller Zeiten. Gemeinsam mit Fürth führen die Hamburger nun die “glorreichen Sieben“ an.

Karlsruhe/Hamburg. Ein wenig träumen muss angesichts St. Paulis besten Saisonstarts im Profifußball erlaubt sein. "Wir holen die Meisterschaft und schießen Rostock ab", sangen die Fans der Braun-Weißen am Montagabend ausgiebig im traditionsreichen Wildparkstadion. Auslöser der euphorischen Gesänge war das verdiente 2:0 des Kiezklubs beim gastgebenden Karlsruher SC, das den sechsten Sieg im achten Ligaspiel und einen weiteren Schub für die Hoffnungen auf die direkte Rückkehr in die Bundesliga bedeutete. Entsprechend gut gelaunt zeigten sich auch die Spieler nach der Partie. "Ob wir Hansa Rostock abschießen, ist mir egal. Hauptsache wir gewinnen", erklärte Mittelfeldmann Florian Bruns angesprochen auf die Darbietungen der Fans. "Und was die Meisterschaft angeht, reicht mir ein Platz unter den ersten zwei."

Bruns, der mit einem schönen Freistoßtor St. Paulis Sieg eingeleitet hatte, bemühte sich sogleich klarzustellen, dass es sich bei den ungewohnt eindeutig geäußerten Aufstiegsambitionen um einen Spaß gehandelt habe. Schließlich wurde das Saisonziel vonseiten der Vereinsverantwortlichen mit "oben mitspielen" doch recht offen formuliert. Andererseits wäre es schon sehr nüchtern, wenn Spieler wie Bruns derzeit nicht tatsächlich den einen oder anderen Blick auf die Tabelle wagen und Perspektiven daraus ableiten würden. Punktgleich mit Spitzenreiter Greuther Fürth rangiert St. Pauli nämlich auf Rang zwei und darf sich somit als Anführer der Gruppe fühlen, die sich mehr und mehr als Aufstiegskandidaten herauskristallisiert.

Es ist ein elitärer Kreis von glorreichen Sieben, die sich da mit einem Abstand von maximal fünf Punkten zur Spitze tummeln. Vereine, die mit Ausnahme von Fürth allesamt schon in der Eliteklasse spielten. Oder sogar wie die Franken, Düsseldorf, Braunschweig, 1860 München und Eintracht Frankfurt darauf verweisen dürfen, dass sie bereits deutscher Meister waren. Nun liefern sie sich ein enges Rennen um die Chance, an alte Zeiten anknüpfen zu können. "Die punkten alle unglaublich", meint Bruns. "Es muss viel stimmen, wenn man da oben dranbleiben will." Umso wertvoller war daher der Ausgang der Partie beim KSC, die möglicherweise anders verlaufen wäre, wenn St. Paulis Torhüter Philipp Tschauner nicht in der ersten Minute nach eigenem Bekunden den Ball mit dem "dicken Ar***" an den Pfosten gelenkt hätte.

"Solche Siege sind unheimlich wichtig", erklärte St. Paulis zweiter Torschütze Marius Ebbers. "Montagabends hier in Karlsruhe - das ist ein Schweinespiel, nicht wegen des Gegners, aber wegen der gesamten Umstände." Nach der Partie ging es für das bereits am Sonntag angereiste Team ins Hotel, gestern Morgen dann zurück nach Hamburg.

Während seine Spieler ausliefen, blickte St. Paulis Trainer André Schubert mit etwas Abstand noch einmal zurück auf das Spiel: "Es ist erstaunlich, dass Siege immer positiver bewertet werden. Ich war am Montag nur froh, dass wir drei Punkte geholt haben", erklärte der Coach. "Von unten sieht man ein Spiel aber immer kritischer." Schon direkt nach der Partie hatte er Verbesserungspotenzial bei seiner Mannschaft ausgemacht. "Das Spiel war sehr wild und hektisch. Wir haben zu viele Chancen zugelassen", sagte Schubert. Gefallen hatte ihm, dass sein Team teilweise gut kombiniert, schnell und direkt mit hoher Präzision gespielt habe. Zudem habe seine Elf nach der Pause einen souveränen Auftritt gezeigt.

Von der glänzenden Auftaktbilanz und dem daraus folgenden Superlativ des besten Saisonstarts will sich der Trainer jedoch nicht blenden lassen. "Das ist unwichtig", meinte Schubert. "Wenn du jetzt zweimal verlierst, sieht die Situation schon wieder völlig anders aus." Bereits am Freitagabend trifft St. Pauli gegen Erzgebirge Aue erneut auf einen Gegner aus dem unteren Drittel der Tabelle. "Da muss der Baum brennen", forderte Schubert schon mit Blick auf die eigenen Fans. 3000 Anhänger hatten das Team auch in Karlsruhe nicht nur mit ihrer verbalisierten Sehnsucht nach der Zweitliga-Meisterschaft und einem klaren Sieg gegen Rostock lautstark unterstützt. Apropos Hansa: Das Spiel beim Erzrivalen steht übrigens erst in zwei Monaten an.