Der FC St. Pauli verpasst den Sprung an die Tabellenspitze durch ein 2:3 gegen Aue und kassiert die erste Heimniederlage der Saison.

Hamburg. Es war längst dunkel geworden rund um das Millerntor. Im Inneren strahlte das Flutlicht auf den Platz, als noch einmal St. Paulis Torhymne "Song 2" erklang. Mahir Saglik hatte in der Nachspielzeit für den Kiezklub getroffen, doch so richtig freuen konnte sich der eingewechselte Deutsch-Türke nicht mehr. Weder über die abendliche Atmosphäre noch über seinen ersten Saisontreffer. In den 90 Minuten zuvor hatte sein Team nämlich im Gegensatz zu den Masten in den Stadionecken wenig Erhellendes geboten. Und weil der FC St. Pauli die verbleibenden Sekunden nach Sagliks Tor nicht mehr sinnvoll zu nutzen vermochte, änderte der Treffer zum 2:3-Endstand gegen Erzgebirge Aue am Freitagabend nichts mehr an der verdienten ersten Heimniederlage der Saison für den Zweitligisten.

DIE AKTUELLE TABELLE

"Wenn wir unsere Leistung abrufen, werden wir gegen Aue gewinnen", hatte St. Paulis Rechtsverteidiger Carsten Rothenbach noch vor der Partie gemutmaßt. Die Ausgangslage war ja auch entsprechend eindeutig gewesen. Während Aue mit einer Negativbilanz von zuletzt sieben Spielen ohne Sieg nach Hamburg reiste, warteten dort die mit 19 Punkten aus acht Spielen noch nie zuvor so gut gestarteten Gastgeber. Klare Verhältnisse, konnte man meinen. Doch auf dem Rasen waren diese zunächst nicht sichtbar. Aue hatte sogar mehr Spielanteile, profitierte vom Platz, den St. Paulis Profis ihren Gegenspielern im Mittelfeld gewährten. "Wir haben über das ganze Spiel hinweg nicht die notwendige Aggressivität und Griffigkeit gehabt", analysierte später St. Paulis Trainer André Schubert. "Wir waren zu passiv, haben zu oft zugeschaut, wie der Gegner sich den Ball zugespielt hat."

Einzig der Harmlosigkeit der Sachsen in der Offensive war es zu verdanken, dass St. Paulis Tor zunächst nicht ernsthaft in Gefahr geriet. Dass statt der Gäste der Kiezklub in Führung ging, lag an der individuellen Klasse eines Marius Ebbers, der im Anschluss an eine Ecke den Ball vor die Füße bekam und diesen eiskalt versenkte (20.). Ansonsten waren die Hamburger immer dann gefährlich, wenn sie aus der Defensive kommend im eigenen Stadion zu schnellen Gegenstößen ansetzten.

***Neuer Becherwurf***

***Taktische "Revolution": Flanken nicht erwünscht***

Trainer Schubert hatte zunächst auf die gleiche Formation wie beim 2:0 vom Montagabend in Karlsruhe gesetzt, schickte dann aber bereits nach 17 Minuten Ralph Gunesch zum Warmlaufen. Der Innenverteidiger rückte schließlich nach dem Wechsel für Sebastian Schachten, den seine Erkältung wohl doch stärker geschwächt hatte als erhofft, auf die linke Abwehrseite. Wer auf eine Leistungssteigerung der Kiezkicker in der zweiten Hälfte gehofft hatte, sah sich aber getäuscht. Im Gegenteil: Aue machte weiter das Spiel, nur ein Tor schien den "Veilchen" einfach nicht gelingen zu wollen. Erst brachten sie es fertig, den Ball aus dem Gewühl nicht im leeren Tor unterzubringen. Wenig später rettete dann St. Paulis Lasse Sobiech auf Kosten seiner eigenen Gesundheit. Der U-21-Nationalspieler schlug den Ball von der Linie, prallte dabei mit dem Sprunggelenk gegen den Pfosten und musste verletzt ausgewechselt werden.

Ein schmerzhafter Verlust, wie sich schon wenig später auch im Spiel zeigen sollte. Denn nun nutzte Aue die Umstellungen in St. Paulis Abwehr doch für Treffer. König (60.), dessen Tor allerdings ein klares Foulspiel an Florian Bruns vorausging, und Kempe (69.) drehten die Partie. Auf der Gegenseite konnten im Anschluss Ebbers und Fabian Boll St. Paulis beste Chancen zum Ausgleich nicht nutzen. "Nach dem 1:2 hatten wir noch zwei, drei richtig gute Situationen. Wenn uns da das Tor gelingt, kann das noch mal kippen", meinte Schubert. Als St. Pauli alles nach vorne warf, konterte jedoch Aue erfolgreich und kam durch Könnecke sogar zum dritten Tor (84.).

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"Wir waren nicht spritzig genug und haben die entscheidenden Zweikämpfe nicht gewonnen", urteilte Mittelfeldspieler Fin Bartels. "Wir waren vom Kopf her nicht hellwach." Es war St. Paulis Spielern nicht vorzuwerfen, dass sie nicht gewollt hätten, nur gelingen wollte einfach nicht viel. "Das Spiel zeigt wieder einmal, dass wir am Limit spielen müssen, um Spiele zu gewinnen", sagte Schubert, der die bereits gezeigte fußballerische Klasse seines Teams vermisste, während sich sein Kollege Rico Schmitt über ein "geiles Fußballspiel" freute. Einige Zuschauer - vor allem auf der Haupttribüne - bekamen dessen letzte Minuten schon nicht mehr mit. Sie verschwanden vorzeitig in die Dunkelheit rund um das Millerntor.

Die Statistik

St. Pauli: 13 Tschauner - 24 Rothenbach, 16 Thorandt, 3 Sobiech (ab 56. Funk), 20 Schachten (ab 46. Gunesch) - 17 Boll - 25 Schindler, 18 Kruse, 8 Bruns (ab 75. Saglik), 22 Bartels - 9 Ebbers. - Trainer: Schubert

Aue : 1 Männel - 6 Schlitte, 5 Lachheb, 15 Klingbeil, 30 Fabian Müller - 20 Schröder, 22 Hensel - 17 Hochscheidt (ab 86. Höfler), 27 Kempe (ab 86. Le Beau), 25 Kocer (ab 75. Könnecke) - 7 König. - Trainer: Schmitt

Schiedsrichter : Christian Leicher (Landshut)

Zuschauer: 24.487 (ausverkauft)

Tore: 1:0 Ebbers (20.) , 1:1 König (60.) , 1:2 Kempe (69.) , 1:3 Könnecke (84.) , 2:3 Saglik (90.)