Zum dritten Mal in dieser Saison muss der HSV seinen Rasen tauschen. Im Verein wird diskutiert, wie die Platzkosten gesenkt werden können.

Hamburg. Nach dem 1:3 zum Rückrundenstart war das Gejammer groß. "Der Platz ist in einem katastrophalen Zustand", echauffierte sich Bayern Münchens Bastian Schweinsteiger über den dürftigen Rasen im Mönchengladbacher Borussia-Park. Zumindest diese Sorge kann dem deutschen Nationalspieler vor dem Nord-Süd-Duell gegen den HSV am Sonnabend (18.30 Uhr) genommen werden, schließlich wird bis Mittwoch in der Imtech-Arena ein neues, sattes Grün verlegt.

Innerhalb der HSV-Mannschaft stößt die Maßnahme nicht auf ungeteilte Freude, schließlich dürfte ein perfekter Untergrund vor allem den technisch versierten Spielern des Rekordmeisters bei ihrer Arbeit helfen. Doch die Zeit eilte. Der Platz war längst reif für einen Wechsel, und der HSV konnte das in den Niederlanden (an der Grenze zu Kevelaer) reservierte, 8600 Quadratmeter große Grün gerade noch rechtzeitig vor dem Kälteeinbruch schälen und abtransportieren lassen.

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Dass bei den Hamburgern bereits zum dritten Mal in dieser Saison Verlegearbeiten für nun insgesamt 300.000 Euro notwendig werden, liegt auch am Länderspiel der deutschen Nationalelf gegen die Niederlande. Weil der DFB höchste Qualitätsansprüche stellt, musste im November der vor der Saison eingesetzte Rasen erneuert werden. Üblicherweise tauscht der HSV seinen Rasen nach der "Konzert-Saison" im Sommer und Anfang Februar aus.

"Der neue Rasen soll nach unseren Planungen bis zum Saisonende liegen bleiben", sagt Hermann Schulz, als Chef-Greenkeeper der Wächter über das sensible Geläuf. Mit seinen fünf Mitarbeitern wacht der 47-Jährige über die Verarbeitung des Rasens durch die zehn Angestellten des Zulieferers. Weil die Rollen - 1,20 Meter breit, 15 Meter lang und vier Zentimeter stark - je 1,8 Tonnen schwer sind, lassen sie sich wie ein Teppich verlegen und verrutschen auch nicht während der Partie. Die Bodenhaftung wird vor der Inbetriebnahme durch Walzen noch verstärkt, dank der Rasenheizung beträgt die Temperatur am Boden der HSV-Arena trotz der Frostperiode immerhin sechs Grad.

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Schulz, der in den Niederlanden und in England seine Ausbildung zum Rasenpfleger absolviert hat, ist ein Tüftler. Regelmäßig besucht er Messen und wälzt Kataloge mit dem neuesten Trend. Bei ihm zu Hause steht ein Gewächshaus, wo er verschiedene Saatproben testet. Derzeit spielt der HSV auf 60 Prozent Poa Pratensis und 40 Prozent Lolium - auf einer Mischung aus Wiesen- und Weidelgras. Nachdem er vor vier Jahren beim HSV anfing, hat er den Untergrund komplett erneuert und auch die "Ernährung" des Rasens komplett umgestellt: "Der Rasen im Stadion braucht nicht so viel Dünger wie der Rasen auf dem Trainingsplatz", sagt Schulz, der in Monaten mit einer hohen Luftfeuchtigkeit mit riesigen Ventilatoren den Platz belüftet.

Das Thema Kunstrasen ist keines beim HSV - schließlich gibt es vonseiten der Fußballverbände keinerlei Hinweise, dass Spiele in den drei Profiligen auf Kunstgrün erlaubt werden. Mit großem Interesse verfolgt Schulz jedoch ein Hybridsystem in Wolfsburg. In der VW-Arena liegt ein Naturrasen, der mit 20 Millionen Kunstrasenfasern verstärkt wurde, die 20 Zentimeter tief in der Rasenfläche verankert sind. Das Produkt Desso GrassMaster, für das auch Stefan Reuter, der Weltmeister von 1990, wirbt, hat in anderen Ländern bereits viele prominente Abnehmer gefunden wie den FC Arsenal London oder Tottenham Hotspurs und kostet "nur" rund 300 000 Euro. In Wolfsburg werden die Rasenwurzeln mittels verlegten Gummischläuchen sogar je nach Bedarf belüftet. Doch weil der HSV im Sommer regelmäßig als Konzertveranstalter auftritt, müsste danach erst noch neuer Naturrasen zwischen den Fasern gesät werden - und mindestens vier Wochen Zeit bleiben vor dem ersten Saisonspiel selten.

Lebensverlängernd wirken aber auch Beleuchtungssysteme der Firma Stadium Grow Lighting (SGL), wie sie beispielsweise in der Münchner Allianz-Arena oder im Bremer Weserstadion Anwendung finden, um den zu geringen Lichteinfall in die modernen Spielstätten zu kompensieren und die Fotosynthese anzuregen. Die Lampen werden auf meterlangen Gerüsten montiert, die nötige Zufuhr wird über Sensoren von Computern gesteuert.

Der HSV-Vorsitzende Carl Jarchow kennt die Technik, seitdem er das Stadion von Manchester United besichtigt hat, und kündigt gegenüber dem Abendblatt an, das System auch in Hamburg testen zu wollen. Doch ein dauerhafter Einsatz wäre teuer: Rund 850 000 Euro kostet eine Anlage in der Anschaffung - plus Energiekosten. Kein Wunder, dass der finanzschwache HSV, der in diesem Sommer bisher kaum nichtsportliche Veranstaltungen im Kalender stehen hat, eher darauf baut, den Rasen auch ohne diese Technologie in die Saison 2012/13 zu retten.

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