Bei der HSV-Mitgliederversammlung am Sonntag stehen die Aufarbeitung der Ära Hoffmann und die Wahl des Mitglieder-Vorstands an.

Hamburg. Auch am Freitag wollte sich Bernd Hoffmann nicht festlegen. "Ich werde mich spontan entscheiden", antwortete der frühere HSV-Chef dem Abendblatt auf die Frage, ob er bei der mit Spannung erwarteten Mitgliederversammlung am Sonntag im CCH ab 11 Uhr anwesend sein wird.

So oder so dürfte es eine hitzige und vor allem lange Debatte um den früheren Vorstandsvorsitzenden geben. Unter Tagespunkt 7 will Aufsichtsratschef Otto Rieckhoff sechs zentrale Kritikpunkt des Kontrollgremiums an Hoffmann benennen. Dabei handelt es sich um eine Imageberatung durch die Hamburger Agentur fischerAppelt. Zudem sind die Honorare für Spielerberater Roman Grill und Fast-Sportdirektor Urs Siegenthaler ebenso strittig wie die Provision an den Agenten des brasilianischen Stürmers Vagner Love, die trotz des geplatzten Transfers vom HSV gezahlt wurde.

Auch wird Hoffmann unterstellt, persönliche Freunde als Berater in der Sponsoren-Akquise und im Stadionmanagement beschäftigt zu haben. "Der Aufsichtsrat hält es allgemein für ungewöhnlich, dass wichtige Geschäftsvereinbarungen über Hunderttausende Euro überwiegend mündlich vereinbart und die dazugehörigen Dienstleistungen mündlich und persönlich abgerufen und erbracht wurden", sagt Rieckhoff in seiner Rede, die er bereits am Freitag auf der Vereinshomepage veröffentlichte. Sein Fazit: "Das Verhalten der ehemaligen Vorstände Katja Kraus und Bernd Hoffmann erscheint nicht in allen Aspekten angemessen und dem Vereinsinteresse zuträglich." Auf Schadensersatzansprüche will der Rat aber verzichten.

Rieckhoffs Bericht dürfte am Sonntag eine emotionale Diskussion folgen, die in einem verbalen Schlagabtausch gipfeln könnte. Sicher ist, dass auch mehrere Aufsichtsräte von den Mitgliedern offen kritisiert werden dürften. Nach Abendblatt-Informationen haben intern bereits mehrere Kontrolleure mit ihrem Rücktritt gedroht, sollte die Debatte in einer Schlammschlacht ausarten. Besonders Rieckhoffs Vorgänger Horst Becker steht in der Kritik. Allerdings dürfte nicht nur der Bericht und die Aussprache des Aufsichtsrates für reges Interesse sorgen. Bereits jetzt scheint es unmöglich, dass alle Tagespunkte besprochen werden können. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich darauf geeinigt wird, mehrere Anträge auf eine spätere Versammlung zu vertagen. Derzeit stehen insgesamt 35 Punkte auf der Tagesordnung, von denen das Abendblatt die brisantesten vorstellt.

8. Tagespunkt: Bericht des Vorstands

Obwohl der Bericht des Vorstands nicht ganz so emotionale Diskussionen wie der Bericht des Aufsichtsrats nach sich ziehen wird, dürften besonders die wirtschaftlichen Ergebnisse und Prognosen für Interesse sorgen. HSV-Chef Carl Jarchow hat bereits angekündigt, dass dem HSV auch in der kommenden Saison durch Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit ein Millionen-Minus droht. Gespannt sein dürfen die Mitglieder, inwiefern Jarchow auf die Arbeit von Vorgänger Hoffmann eingeht.

10.: Bericht der Rechnungsprüfer

Bereits am Donnerstag haben die Rechnungsprüfer Klaus Manal und Reimund Slany ihren Bericht abgegeben, indem sie kritisieren, dass ihnen wie schon in den Vorjahren nicht alle angeforderten Papiere von den früheren Vorständen Bernd Hoffmann und Katja Kraus zur Verfügung gestellt wurden. Zudem kündigten sie weitere Erläuterungen in der Versammlung an.

11.: Entlastung des Aufsichtsrates

Nach der emotionalen Aussprache im Anschluss an Rieckhoffs Bericht besteht durchaus die Möglichkeit, dass nicht der Gesamt-Aufsichtsrat entlastet wird. Tritt dieser Fall ein, muss jeder Kontrolleur einzeln entlastet werden.

12.: Entlastung des Vorstands

Die spannendste Frage des Abends: Wird neben dem aktuellen Vorstand auch der Ex-Vorstand um Hoffmann und Kraus von den Mitgliedern entlastet? Es wäre ein Novum in der HSV-Geschichte, wenn ein Vorstandsvorsitzender nicht entlastet würde.

16.: Wahl des vierten Vorstands

Neben Amtsinhaber Oliver Scheel stellt sich Hamburgs Hockeylegende Christian "Büdi" Blunck zur Wahl für das Amt des Vorstands für Mitgliederbelange. Während Scheel besonders Interessen der HSV-Fans (mehr Stehplätze) ins Zentrum seiner Kandidatur stellt, betont Blunck sein Ziel, Breiten-, Nachwuchs- und Leistungssport weiter fördern zu wollen. Blunck, der erst seit 2011 Mitglied ist, will sich keinem Lager zuordnen lassen. Scheel, seit 24 Jahren Mitglied, wird eine Nähe zur Supportersführung nachgesagt.

19.: Antrag zur Investorenfrage

Antragsteller Ingo Thiel fordert, dass mögliche Verträge mit Investoren von den Mitgliedern abgesegnet werden müssen. Dies würde bedeuten, dass die angestrebte Neuauflage des Kühne-Deals, von dem sich der Vorstand neues Kapital für Neuzugänge erhofft, zunächst von den Mitgliedern genehmigt werden müsste. Investor Klaus-Michael Kühne, der Bereitschaft für weitere Millionen-Transfers signalisiert hat, dürfte sich darauf aber kaum einlassen.

25.: Verkleinerung des Aufsichtsrats

Der frühere Aufsichtsratschef Horst Becker hat den Antrag gestellt, das Kontrollgremium von aktuell zwölf Mitgliedern auf grundsätzlich sieben Vertreter zu verkleinern. Davon sollen fünf von der Mitgliederversammlung gewählt und je einer von den Supporters und den Amateuren entsandt werden. Zudem könnte der Rat um einen Sportfachmann ergänzt werden.

30.: Antrag zur Fernwahl

Antragssteller Jan Talleur, der sich selbst als Mitglied der oppositionellen Initiative Pro HSV bezeichnet, fordert, dass "zu wählende Aufsichtsräte sowie das Vorstandsmitglied für Mitgliederbelange auch mittels Briefwahl" gewählt werden können. Laut Talleur würde eine Fernwahl dem Verein rund 40.000 Euro kosten. Wie bei allen Anträgen scheint die Hürde einer Dreiviertelmehrheit aber zu hoch zu sein.

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