...sangen einst Channel 5 und verliehen damit dem Lebensgefühl einer Generation in einer sich globalisierenden Weltgesellschaft Ausdruck.

Osaka, Seoul und Stavanger heißen die nächsten Stationen zweier Weltenbürger, die seit einigen Jahren sportlich gemeinsam durchs Leben gehen: die Beach-Volleyballerinnen Sara Goller und Laura Ludwig ( www.gollerplusludwig.de ). Während der April für uns die ersten warmen Sonnenstrahlen und die Vorfreude auf Sommer, Strand und Meer parat hielt, waren die beiden jungen Frauen, die für die alte Dame Hertha (BSC Berlin) starten, schon mittendrin: Zum Auftakt der Weltse-rie war in Brasiliens Hauptstadt Brasilia vom 20. bis 25. April neben Sandburgen bauen auch baggern, pritschen, blocken und schlagen angesagt. Und die beiden vom Hamburger Chefco-ach Olaf Kortmann betreuten Damen machten dabei nicht nur eine gute Figur ( Hier angucken! ), sondern sicherten sich zudem nach starken Leistungen gegen die weltbesten Teams aus den USA und Brasilien Platz 3 im End-klassement. Und nach dem vierten Platz, eine Woche später im chinesischen Shanghai errun-gen, erkletterten die beiden in der Weltrangliste als erstes deutsches Team überhaupt den Platz an der Sonne. Und bleiben dort zumindest bis zum 24. Mai – dann nämlich stehen die Ergebnisse des nächsten Weltserienturniers in Osaka fest. In Japan greifen auch die Hamburger Lokalmatadorinnen Okka Rau und Steffi Pohl in's internationale Turniergeschehen ein.

Dortmund, Bremen und Berlin. So hießen die Stationen von HSV-Trainer Martin Jol und seinen Mannen in den letzten Wochen. Und nachdem der Holländer mit der markanten Stimme bis zum Wonnemonat April in nah und fern ob seiner Qualitäten gelobt wurde, mischten sich nun einige pessimistische Stimmen in die Diskussion. Eine davon war meine. Obwohl meine grundsätzliche Kritik schon etwas älteren Datums ist: Die Jolsche Trainingsphilosophie (das vielzitierte „Stufenmodell“, hier nachzulesen! ), den Umgang mit (einigen) Spielern und seine taktischen Maßnahmen in spielentscheidenden Situationen kritisiere ich schon seit geraumer Zeit. Und war mit meiner Kritik in der Regel allein auf wei-ter Flur. Trainer Jol wurde (und wird) über den Klee gelobt, die Verpflichtung sei die beste Entscheidung der Hamburger seit Jahren, der Trainer stelle die Mannschaft super ein (Zitat Ex-Nationalspieler Fredi Bobic), und nach Klinsmanns Demission war der Name Martin Jol einer der ersten, der als Grinsi-Klinsi-Nachfolger im Gespräch war. Beim HSV, so könnte man meinen, steht offenkundig einer der Besten seiner Zunft an der Seitenlinie. Genug der Spekulation. Nun einige Fakten: Das Spiel im DFB-Halbfinale gegen Werder Bremen hat Martin Jol verloren, indem er taktische Fehler begangen hat: Jol hat eine erfolgreich spielende Einheit (siehe Spiel gegen Manchester) neu zusammengestellt, einen Spieler eingesetzt, der nach langer Verletzungspause sein erstes Spiel bestritt (Guy Demel), hat mit drei Stürmern gespielt (Motto: „Sind ja alle drei zur Zeit gut drauf“), ohne die Laufwege abzustimmen (zu-mindest hatte man den Eindruck, zwei der drei stünden sich permanent auf den Füßen), hat das Mittelfeld nicht auf die neue Sturmkonstellation eingestellt (Bankdrücker überraschend Trochowski, dafür drei „Sechser“) und Troche, den treffsichersten Elfmeterschützen des HSV, im entscheidenden Shootout an Position 5 aufgeboten.

Natürlich, hätte alles klappen können. Hat's aber nicht. Und da es auch im Fußball um Wahr-scheinlichkeiten geht – nämlich die Mannschaft aufzustellen, bei der die Wahrscheinlichkeit am größten ist, das Spiel erfolgreich zu gestalten –, hat der sympathische Holländer hier nicht nur wahrscheinlich, sondern definitiv einige falsche Entscheidungen getroffen. Nicht Pech. Und auch nicht Zufall. Auf die Frage, warum Trochowski nicht von Beginn an gespielt habe, stellt er zu allem Überfluss einen seiner zentralen Akteure medial bloß und attestiert ihm schlechte Leistungen in den vorangegangenen Spielen (worüber man auch mehr als geteilter Meinung sein kann). Alles in allem war das Pokal-Halbfinalspiel gegen die Werderaner tak-tisch und psychologisch nicht „state of the art“. Und der 1:0-Sieg der Hamburger gegen Bre-men im UEFA-Cup Halbfinale einige Tage später hatte ebenfalls nicht mit taktischen Meister-leistungen zu tun, sondern mit dem Willen der Akteure auf dem Feld, den Gegner niederzu-ringen. Stellvertretend seien hier Trochowski und Demel genannt. Mittlerweile soll Jol nun auch Strafstöße üben lassen. Mein Tipp: Die sichersten Schützen immer zu Beginn schießen lassen. Denn wenn die ersten verschießen, hat man von den nervenstarken Schützen am Ende der Liste auch nicht mehr viel. Wie man's macht zeigen derweil Spieler aus Griechenland: Pokalsieger wurde dort Olympiakos Piräus, schlug den alten Rivalen AEK Athen mit 19:18 im Elfmeterschießen ( Hier ansehen! ). Gefeierter Held: George Clooney Double und Ex-Nationaltorhüter Antonios Nikopolidis, der den letzten Elfer eiskalt versenkte.

Eiskalt lief es auch einer Engländerin den Rücken herunter, als ihr Freund seine Liebe einem breiten Publikum dokumentieren wollte und, nur mit weißen Shorts bekleidet, auf den Platz stürmte und mit einem Bogen Plastikpfeile verschoss. Sie hat sich im Anschluss an seine Ak-tion von ihm getrennt. Was lehrt uns das? Entscheidend ist, was hinten 'rauskommt. Jol mag das Beste wollen. Aber die Hamburger brauchen keinen, der das Beste will, sondern das Beste macht.

Wenn man Martin Jol beim Spiel sieht, dann fällt dem Betrachter in's Auge, dass sein HSV-Käppi zu klein ist. Oder sein Kopf zu groß. Er erinnert ein wenig an Karlsson auf dem Dach, und genau da sollte Jol mal hin. Auf's Dach. Und das Geschehen auf dem Feld aus einer an-deren Perspektive betrachten, dem Denken Spielraum geben, den Augen Freiheit schenken. Wie in dem Spielfilm „Club der toten Dichter“, als Lehrer Robin Williams seine Schüler auf-fordert, sich auf die Stühle zu stellen und die Umgebung aus einem anderen Blickwinkel wahrzunehmen. Was würde Jol auf dem Stuhl oder dem Dach der HSH Nordbank Arena wohl sehen?

Vor dem Spiel gegen die Borussia aus Dortmund war Jol zumindest noch nicht auf dem Dach. Nach der 0:2 Niederlage seines Teams führte er nämlich aus, man müsse bei der nächsten Trainertagung über Schirileistungen sprechen. Auf diesem Feld ließen sich treffliche Diskus-sionen führen. Nicht Konfuzius, aber die Entscheidungstheorie sagt: Eine Entscheidung für etwas ist auch immer eine Entscheidung gegen die Alternativen. Deshalb sollte Jol hier keine Energien verschwenden oder Blendgranaten zünden, sondern analysieren, warum das Spiel der Hamburger mitunter in's Stocken gerät. Schließlich ist es wichtig, zu wissen, warum es nicht läuft – um entsprechende Korrekturen vornehmen zu können. Genauso wich-tig und oftmals unterschätzt wird aber der Umstand, dass es genauso wichtig ist, zu wissen, warum es läuft, damit die Parameter, die für den Erfolg verantwortlich sind, auch konstant gehalten werden können: eine spezifische Aufstellung, Trainingsmethoden, Rituale, psycho-logische Projektionen. Und hier stellt sich die Frage: Weiß Jol eigentlich, warum der HSV die Saison so erfolgreich war?

Der Soziologe hat die Luthersche Empfehlung aufgegriffen und dem Volk auf's Maul ge-schaut. Wie erklären sie sich Erfolg und Misserfolg der Rothosen? In einer der unzähligen Kneipen Deutschland, in der man samstags (durch Rauschschwaden) auf Großbildleinwänden die Gladiatoren der Neuzeit bestaunen kann, fielen die Kommentare nach dem 0:1 gegen Dortmund bereits deutlich aus: Schuld waren lahmarschigeabwehr, alletotalgepennt und der schwuchtelschiri, der gehtgarnicht, scheißealdascheiße. Aber kein Wort über Jol.

Und auch von HSV-Präsi Bernd Hoffmann kein kritisches Wort. Im Gegenteil: Es sei eine richtige Maßnahme gewesen, nach der 1:4-Klatsche gegen Gladbach keine Diskussionen ge-führt zu haben. Vielleicht war aber genau das die falsche Entscheidung – die Spiele gegen Bremen und Dortmund haben schließlich gezeigt, dass eine Kurskorrektur (oder zumindest ein kritisches Hinterfragen) angesagt gewesen wäre. Klar: Im Nachhinein ist man immer schlauer. Die Frage ist doch aber: Hätte man nicht auch schon vorher schlauer sein können?

Nach dem Ausscheiden im DFB-Pokal sagte Hoffmann live im sonntäglichen Frühschoppen des DSF: „Das Schicksal hat in dieser Saison noch größeres mit uns vor.“ Klar, wie er es meinte. Die Formulierung ist aber interpretationsoffen.

Interpretiert und gedeutet wird auch viel in der Causa Klinsmann. Warum er gehen musste, warum er hätte bleiben sollen. Für beide Sichtweisen lassen sich ad-hoc eine Fülle von Argu-menten finden, die im April und auch schon die Monate zuvor die Fußballspalten nahezu aller Tages- und Wochenblätter füllten. Etwas anderes aber, bislang unerwähnt, offenbart sich er-neut nach dem Rausschmiss des selbsternannten (Rund)Erneuerers: Das Fußballgeschäft ist für komplexe Innovationen zu schnelllebig. Veränderungen brauchen Zeit, bis sie einen Effekt bewirken. Wenn ich heute beginne, spanisch zu lernen, werde ich es morgen noch nicht flie-ßend sprechen können. Aber vielleicht in einem Jahr, wenn ich regelmäßig und diszipliniert übe, Ehrgeiz entwickele und die kognitiven Voraussetzungen mitbringe. Wenn das gegeben ist, kann ich in einem Jahr mit Menschen sprechen und Ziele erreichen, die vor meiner Ent-scheidung, spanisch zu lernen, unerreichbar gewesen wären. Laut Hoeness und Rummenigge soll das Konzept, dass Klinsmann zu Amtsantritt vorgelegt hatte, hervorragend und schlüssig gewesen sein. Wenn dem so ist, spricht vieles dafür, dass die Zeit, die einem Trainer (nicht nur bei den Bayern) gegeben wird, um Erfolg zu haben, nicht ausreicht, um neue Konzepte umzusetzen. Der Fußball ist also in gewisser Weise innovationsfeindlich, zumindest wenn die Vorgabe lautet, ein, besser zwei, womöglich drei Titel pro Saison einzufahren. Zeit ist nicht nur im Fußball ein knappes Gut und will effizient verwaltet sein. Und die Fußballwelt ist so organisiert, dass zeitintensive (wenn auch sinnvolle) Veränderungen nicht umgesetzt werden können. Die Branche setzt weiterhin auf Maßnahmen, die kurzfristig Erfolg versprechen, aber nur geringe Langzeitwirkung haben. Der eine fährt ins Kurztrainingslager, der nächste scheucht die Spieler über glühende Kohlen und ein dritter lässt die Vereinshymne in den Lan-dessprachen der Spieler singen. Schließlich kann man sich im Spanienurlaub ja auch mit Händen und Füßen unterhalten.

Veränderungen wird es in nicht allzu ferner Zukunft ohnehin auch im Wirtschaftssubsystem „Sport“ geben, denn auch die Ablösesummenblase wird vermutlich bald platzen. Und was kommt dann? Der JU-Politiker Holger Lengfelder ließ sich zu der Bemerkung hinreißen, eine Hartz IV Erhöhung würde lediglich die Tabak- und Spirituosenindustrie fördern. Was würde Lengfelder wohl bei einem Einbruch der Ablösesummen und der Senkung der Gehälter von Fußballprofis prognostizieren?

Einer, so zumindest die Fans, sollte ab sofort gar kein Gehalt mehr beziehen, zumindest nicht vom Deutsche Eishockey-Bund: Bundestrainer Uwe Krupp. Flink wie die Wiesel, zäh wie Leder und hart wie Krupp-Stahl, so hatte sich der Bundes-Uwe seine Männer vermutlich ge-wünscht. Und Stanley-Cup-Sieger Krupp, seit 2005 Trainer der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, wurde bei der WM in der Schweiz nicht enttäuscht. Nur hatten die deut-schen Schlittschuhträger die Adjektive falsch zugeordnet: Flink wie Krupp-Stahl waren die Mannen um Teamkäpt'n Andreas Renz im Erstrundenspiel gegen die russische Sbornaja (zugegeben: amtierender Weltmeister), die die deutsche Abwehr schwindelig spielte und mit 5:0 siegte. Gegen die gastgebenden Eidgenossen waren die deutschen Kufencracks dann weich wie Leder und hatten den robusten Schweizern nicht ausreichend Kante entgegenzusetzen (2:3 nach Verlängerung). Und gegen die französische Equipe, Eishockey-Schwellenland, wa-ren dann auch selbst die gestandenen deutschen US-Legionäre nicht in der Lage, die nötigen Punkte für das Erreichen des Viertelfinales einzufahren. Wiesel stand bislang noch nicht auf meinem Speiseplan, aber zäh war es in der Tat, das deutsche Spiel. Und einem Fan der glei-tenden Scheibe hat sowohl das Spiel, als auch sein Bier nicht mehr geschmeckt. Er nutzte diesen Umstand zu einer symbolischen Geste und goss den abgestandenen Gerstensaft auf des Trainers bestes Sakko ( Hier angucken! ). Das perlte, wie „Dittsche“ (Comedian Olli Dietrich) zu sagen pflegt. Und auch die Kritik perlte wie das Bier an Uwe Krupp ab: Sportdirektor Reindl und er wollen die erfolgreiche? wegweisende? ziel-führende? bisherige! Zusammenarbeit fortsetzen. Nächstes Jahr ist die WM im eigenen Land. Im Land des Bieres.

Der Hamburger Sportsoziologe Markus Friederici berichtet in einer monatlichen Kolumne über das Sportgeschehen.