Die Nachricht kam per Massenmail um 9.34 Uhr: “Dieser Hörsaal ist besetzt“. Aha, dachte ich. Bildungsproteste. Jetzt also auch in Lüneburg.

"Bildungsproteste?", höre ich zwei Stunden später zwei Kommilitoninnen fragen, als ich über den Campus laufe. "Wie, das ist heute? Heute kann ich nicht - heute ist doch mein BWL-Tag."

Stell dir vor, ein Hörsaal ist besetzt und niemand geht hin.

Ganz so schlimm ist es nicht, es läuft gut im Hörsaal I, wo Studierende aller Semester - Alt-Magister Seite an Seite mit Neu-Bachelors- in Schulklassenstärke ihr Lager aufgeschlagen haben. Aber: Richtig voll ist es nur in den Vorlesungspausen. Es könnte besser laufen.

Und so drehen sich die Diskussionen im besetzen Hörsaal erstmal nicht um die Parole "Freie Bildung für alle!", nicht darum, jedem Bachelor-Absolventen einen Platz im Masterstudium zu ermöglichen. Nicht um die 1500 Euro, die jeder Bachelorstudent jährlich an Gebühren überweist. Und auch nicht darum, ob sechs Semester tatsächlich ausreichen für ein fundiertes Bild von dem eigenen Fachbereich. Nein. Erst einmal geht es um die Frage: Sollen wir lieber ein Banner aufs Mensadach hängen oder die Besetzung per Live-Stream ins Internet übertragen? Sind Flugblätter wirkungsvoller als Kreide-Parolen auf dem Boden? Sicher ist nur: Wir brauchen Öffentlichkeit, vor allem auf dem Campus.

Zwei Kommilitonen verlassen den Saal. "Das bringt hier doch nichts", sagen sie.

Durch die offene Hörsaaltür herrscht ein reges Kommen und Gehen. Wer bleibt, kämpft für freie Bildung für alle. Wer geht, kämpft um die eigene - welche Mission schwieriger ist, lässt sich beim besten Willen nicht sagen.

Florian Zinnecker studiert Angewandte Kulturwissenschaften an der Uni Lüneburg.

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