Berthold Bonekamp-Kerkhoff: Gegensätze überwinden. Für Berthold Bonekamp-Kerkhoff ist das kein Widerspruch. Denn er praktiziert beides am Wilhelmstift.

Alles an Berthold Bonekamp-Kerkhoff wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich. Trotz seiner Größe von 1,96 Metern bewegt er sich schnell und leichtfüßig, seine ruhige westfälische Mentalität ist mit beinahe südländischem Temperament gepaart, seine zupackende Art kontrastiert mit einer leisen, sanften Stimme. Und auch bei seiner Berufswahl prallen Gegensätze aufeinander, denn als Geschäftsführer des Katholischen Kinderkrankenhauses Wilhelmstift in Hamburg-Rahlstedt ist der 49jährige Manager und Priester in Personalunion. Er selbst findet daran nichts Ungewöhnliches: "Der Wirtschaft kann Ethik nicht schaden. Und wenn die Kirche nicht wirtschaftlich handelt, ist sie auch am Ende."

Wichtig ist dem Diplom-Ingenieur der Betriebswirtschaft, der 2005 zum Priester geweiht wurde, bei seinem Führungsstil vor allem das Bootgefühl: "Das zu vermitteln geht nur durch Vorleben, daß man Glaube und Arbeit, Glaube und Alltag zusammenbringen kann."

In einem kleinen Dorf im katholischen Westfalen mit sieben Geschwistern aufgewachsen, gehörte für den Sohn eines Maurermeisters der tägliche Kirchgang einfach dazu. Doch die Kindheit war für den Zwölfjährigen jäh mit dem tödlichen Unfall des Vaters, des Onkels und des Bruders vorbei. Die Mutter mußte sich mit den Kindern allein durchschlagen. "Sie hatte eine eiserne Durchsetzungskraft und wollte aus uns etwas machen", sagt Bonekamp-Kerkhoff. "Das hat sie geschafft, alle haben eine Ausbildung gemacht, vier haben studiert."

Unterstützung fand der Junge beim Seelsorger des Ortes: "Der hat mich sehr gut begleitet und versucht, den Verlust für mich zu kompensieren. So entstand meine enge Beziehung zum Glauben." Nach dem Abitur wollte er Theologie studieren, doch das kam für die Mutter nicht in Frage. "Also studierte ich Volkswirtschaft, was mir sehr viel Spaß gemacht hat." Er verdiente Geld dafür nicht nur in der Buchhaltung bei der Stadtsparkasse oder Mercedes, sondern auch im Holzwerk: "Da habe ich gelernt, daß es auch schmutzige Arbeit gibt, die getan werden muß."

Das kam ihm auch im Zivildienst zugute, den er in der Altenpflege absolvierte. "Anfangs war es schwierig, einen Urinbeutel anzufassen oder einen Menschen im Intimbereich zu waschen. Aber eine Ordensschwester führte mich ganz behutsam heran. Sie lehrte mich auch, keine Angst vor Sterbenden zu haben." Und unterstützte ihn auch darin, Theologie an der Ordenshochschule zu studieren. "Das Studium habe ich über Altenpflege und Sterbebegleitung finanziert."

Ein Studienkollege warb ihn 1988 für das damals neu gegründete Augustinum, ein Altenheim in München, an. Dort arbeitete er sechzehn Jahre an verschiedenen Häusern in ganz Deutschland - nicht nur am Schreibtisch, sondern immer noch aktiv in der Sterbebegleitung. "Dabei wurden theologische Aspekte immer wichtiger."

1999 ließ er sich zum Diakon weihen, eine grundsätzliche Lebensentscheidung: "Natürlich war da der Wunsch nach einer eigenen Familie, ich war auch schwerverliebt, aber es hat sich nicht ergeben. Vielleicht lag es an der Erinnerung an die Not, die wir Kinder erlebt hatten. Wie lange habe ich gebraucht, um zu begreifen, daß man auch langsamer essen kann, ohne daß es einem weggenommen wird?"

2002 wechselte er als Geschäftsführer zum Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, ein Haus mit über 630 Mitarbeitern und 217 Betten, das er mit seinem Glauben prägen möchte: "Ich habe nicht nur die Rendite im Blick, sondern die Kranken, die Eltern, die Mitarbeiter und die Ordensschwestern." Natürlich muß er harte Entscheidungen fällen, sei es bei den Finanzen oder dem Personal, "aber alle haben das Recht, die Bilanzen einzusehen, und ich nehme mir Zeit, sie zu erklären". Die 40-Stunden-Woche ist im Wilhelmstift Realität, Ärzte verzichten aufs Urlaubsgeld, "weil wir sonst Arbeitsplätze verlieren". Ein Thema, bei dem er in Fahrt kommt: "Beim Renditedenken hat es in unserer Generation falsche Impulse gegeben, das finde ich oft unmenschlich."

Seine Arbeit nimmt er so ernst wie seinen Glauben. Seine Gemeinde ist das Wilhelmstift. Dort macht er Gottesdienste und Seelsorge und freut sich, wenn eine muslimische Mutter um den Segen für ihr Kind bittet: "Selbstverständlich mache ich das!"

Fürs Private bleibt da wenig Zeit. Gern spielt er Querflöte, geht joggen oder kocht, am liebsten westfälisch. Fast genauso heilig wie seine Stundengebete sind ihm die dreißig Minuten Fahrt vom Schlagbaum des Krankenhauses zu seiner Wohnung, die er sich mit seinem Bruder teilt: "Die gehören mir, da habe ich dann den ganzen Tag bearbeitet, und bin den Frust genauso wie das Gute losgeworden."