Überkreuz: Der andere Gottesdienst. Einmal im Monat wird der Gottesdienst in der Wandsbeker Kreuz- kirche zum Event. Wie geht das?

"Wer Christ sein will, der muß nicht Bach mögen oder wissen, was Kyrie eleison heißt", sagt Pastor Dirk Ahrens von der Kreuzkirche in Wandsbek. "Bei uns ist jeder willkommen." Deshalb macht er an jedem ersten Sonntagabend im Monat um 18 Uhr "Überkreuz", einen Gottesdienst für Neugierige und Einsteiger. Wer mit der Kirche noch nie etwas oder nichts mehr am Hut hat, der kann hier mal reinschnuppern, ohne befürchten zu müssen, schief angesehen zu werden, weil er vielleicht nicht einmal das Vaterunser beherrscht. "Wir müssen das tun, was Luther gemacht hat, nämlich die Sprache der Menschen und ihre Musik suchen, das, was ihnen gefallen mag", sagt Ahrens. Für den 40 Jahre alten Pastor heißt das "etwas Buntes, Lebendiges, Niederschwelliges - es muß den ritualisierten Formen entsprechen, die die Leute kennen, also Formen aus dem Entertainment-Bereich."

Das geht schon vor der Kirchentür los. Dort werden die Besucher passend zum Thema des Abends empfangen, mal mit Luther-Bonbons zum Lutherabend, mal mit Softdrinks unter Palmen, wenn das Thema "Reif für die Insel" ist. Der Kirchenraum ist thematisch dekoriert, die Combo spielt Sakropop oder Schlager zum Mitsingen. Professionelle Moderatoren und ein Prediger führen locker durch den Gottesdienst. Ein Team von vierzig Menschen zwischen 14 und sechzig sorgt dafür, daß alles rund läuft. Der Aufwand für den Gottesdienst mit Vor- und Nachbereitung der Gruppen und den vielen Probenabenden ist enorm.

Die Idee für den alternativen Gottesdienst kommt aus den USA. Willow Creek, die Kirche für Distanzierte, ist dort eine große Bewegung, "evangelikalisch, aber nie fundamentalistisch", sagt Ahrens. Auf deutsche Verhältnisse übertragen hat das vor zehn Jahren Pastor Dr. Klaus Douglass mit der Andreasgemeinde in Niederhöchstadt bei Frankfurt, die das Konzept unter dem Namen "Go special" umsetzt. Dort kommen bis zu tausend Besucher zum Gottesdienst. Von solchen Zahlen sind die Wandsbeker, die mit "Überkreuz" erst vor einem knappen Jahr starteten, noch weit entfernt, zur Zeit kommen rund zweihundert Besucher.

Ahrens freut sich besonders, "daß bei uns viele Vorurteile nicht erfüllt werden, zum Beispiel, daß das nichts für ältere Leute sei. Wir haben hier begeisterte alte Damen, die sich freuen, daß es in der Kirche nicht mehr so stieselig zugeht."

Den Vorwurf, die RTL-Mentalität zu bedienen, nimmt er ernst, aber er hat seine eigenen Erfahrungen mit den sich wandelnden Bedürfnissen der Besucher gemacht: "Die Leute, die zu uns kommen, finden es toll, aber sie fangen nach einer Weile an, auch nach anderem zu fragen." Das können die klassischen Gottesdienst-Formate bieten. "Die alten Formen leben schließlich so lange, weil sie sich bewährt haben und geistlich gesättigt sind." Für ihn ist für die Zukunft der Kirche eines entscheidend: "Es muß draufstehen, was drin ist. Gottesdienstbesucher müssen wissen, was sie erwartet."

  • Die nächsten Termine und Themen (jew. Sonntag 18 Uhr): 2. 4. Leiden? Ohne mich! 7. 5. Ein unmoralisches Angebot! 4. 6. BeGEISTerung; 2. 7. Wunder gibt es immer wieder!