Auch innerhalb der CSU gibt es Ärger über den eigenwilligen Parteichef. FDP-General Lindner verärgert über „Familienstreit der Union“.

Berlin. FDP-Generalsekretär Christian Lindner hat ein Ende des Steuerstreits mit der CSU gefordert. „Der Familienstreit in der Union darf nicht dazu führen, dass die Einigkeit in der Koalition in der Sache verdeckt wird“, sagte Lindner . „Es gibt ein gemeinsames Verständnis, dass die Entschuldung der öffentlichen Haushalte Vorrang hat, aber dass wir dennoch mehr Steuergerechtigkeit herstellen möchten.“ Das jetzt von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vorgelegte Modell entspreche zu 80 Prozent den Positionen der CSU. „Ich finde, Horst Seehofer sollte das Kriegsbeil jetzt begraben“, appellierte Lindner an den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef.

Die Berliner CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat sich im schwarz-gelben Streit um Steuerentlastungen gegen Parteichef Horst Seehofer gestellt. Zwar könne man die Vorstellung der Pläne von Finanzminister Schäuble und Wirtschaftsminister Rösler genau einen Tag vor dem Koalitions-Spitzentreffen am vergangenen Freitag kritisieren, sagte Hasselfeldt. „Nachdem das inhaltlich sich aber voll gedeckt hat mit dem, was in der Koalition schon vereinbart wurde, sah ich persönlich keinen Grund, groß zu remonstrieren.“

Unter „remonstrieren“ versteht man im Beamtenrecht unter anderem eine Einwendung, die ein Beamter gegen eine Weisung erhebt. Seehofer hatte sich vergangene Woche schwer verärgert über die Vorstellung der Steuerpläne Schäubles und Röslers einen Tag vor einem Spitzentreffen der Koalition am Freitag geäußert und am Montag nochmals öffentlich nachgelegt. Dem Kanzleramt warf er vor, mit seiner Vorgehensweise das Verhältnis zwischen den Koalitionspartnern kalkuliert und unnötig schwer belastet zu haben. Schäuble und Rösler beharren jedoch auf ihren Vorstellungen, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stärkte ihnen den Rücken.

Nach Angaben aus Münchner CSU-Kreisen war Seehofer von Kanzleramtschef Ronald Pofalla über die Einigung zwischen Schäuble und Rösler informiert worden. Der CSU-Chef habe dabei den Zeitplan und das Vorhaben, die Entlastung unter Einbeziehung des Bundesrats zu erreichen, „glasklar“ abgelehnt. Seehofer will zwar auch eine Entlastung, hält es aber für so gut wie unmöglich, eine Zustimmung der SPD im Bundesrat zu erreichen.

Hasselfeldt betonte nun, der von Schäuble und Rösler präsentierte Vorschlag zum Abbau der kalten Progression decke sich mit dem, was die Koalitionsfraktionen im Sommer vereinbart hätten. Damals sei auch beschlossen worden, dass im Herbst im Lichte der Wachstumsprognose und der Entwicklung der Steuereinnahmen noch vor der Verabschiedung des Haushalts ein entsprechender Kabinettsentwurf vorgelegt werden solle. „Auch damals war schon ersichtlich, dass das im Bundesrat nicht so einfach sein wird.“

Sie habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass für die Entlastung der unteren und mittleren Einkommensgruppen über die kalte Progression eine Lösung gefunden werden könne, sagte Hasselfeldt. Nachdem Seehofer sein Veto gegen das Schäuble-Rösler-Modell eingelegt hatte, soll nun bis zur nächsten Sitzung des Koalitionsausschusses am 6. November in einer Arbeitsgruppe eine Einigung gefunden werden.

Bei der kalten Progression werden Lohnerhöhungen bei starker Preissteigerung von der Steuer größtenteils wieder aufgezehrt. Rösler und Schäuble hatten die mit ihrem Konzept erreichbare Entlastungssumme auf sechs bis sieben Milliarden Euro beziffert. (dapd/dpa)