Berlin. SPD-Chef Sigmar Gabriel hat an Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) appelliert, die Steuersenkungspläne der schwarz-gelben Bundesregierung zu stoppen. Schäuble müsse "im Kabinett sein Veto einlegen", forderte Gabriel im Abendblatt-Interview. "Der Finanzminister hat nach unserer Verfassung im Kabinett eine Sonderstellung, die muss er nutzen." Gabriel bekräftigte, dass er die Regierungspläne - eine Entlastung unterer und mittlerer Einkommen - für verfassungswidrig hält. "Steuersenkung auf Pump wird es mit der SPD nicht geben."

Gabriel sprach sich dafür aus, die Sozialversicherungsbeiträge zu senken und im Gegenzug den Spitzensteuersatz zu erhöhen. "Wir wollen, dass die Verantwortung für unser Land gerechter verteilt wird", so der Parteichef. "Aber auch wir Sozialdemokraten wollen nicht zurück zum Spitzensteuersatz von Helmut Kohl. Da lag er bei 53 Prozent. Wir bleiben garantiert deutlich darunter."

Das Euro-Krisenmanagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kritisierte Gabriel ungewöhnlich scharf. "Frau Merkel hat in der politischen Führung komplett versagt", sagte er. "Sie hätte von Anfang an die Wahrheit sagen müssen: Wenn wir Griechenland nicht helfen, geht es uns selber schlechter." Weil die Kanzlerin darauf verzichtet habe, sei nun die Wut der Bürger riesengroß. "Wer Beruhigungspillen verteilt und nicht die Wahrheit sagt, darf sich nicht wundern, wenn das Vertrauen in die Politik schwindet."