Geißler sagte einen Baustopp bei Stuttgart 21 an. Ministerpräsident Mappus fiel aus allen Wolken - und pfiff ihn sofort zurück.

Stuttgart. Der CDU-Politiker Heiner Geißler ist ein Mann mit viel Erfahrung. Der 80-Jährige hat sich nicht nur als scharfzüngiger Politiker, sondern auch als versierter Tarifschlichter einen Namen gemacht. Als Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) ihn am Mittwoch als Vermittler im Konflikt um das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 vorschlug, waren die Hoffnungen auf allen Seiten groß. Umso größer ist jetzt die Enttäuschung. Gleich sein erster Einsatz in Stuttgart geriet zum Fiasko: Bei einem Besuch des Hauptbahnhofs kündigte Geißler am späten Donnerstagnachmittag völlig überraschend einen Baustopp an - und versicherte, die Maßnahme sei mit Mappus und Bahnchef Rüdiger Grube abgesprochen. Die jedoch fielen aus allen Wolken: "Es gibt keinen Baustopp", sagte Mappus am Abend entgeistert. Wie es zu der Panne kommen konnte, ob sie auf ein Missverständnis zurückgeht, blieb zunächst offen. Fest steht: Geißler gilt als alter Fuchs und großes Schlitzohr, der seine Interessen schon immer elegant durchzusetzen wusste. Der frühere Mainzer Sozialminister und langjährige CDU-Generalsekretär in Bonn gehört inzwischen der globalisierungskritischen Organisation Attac an. Scharfzüngig setzt er sich in Talkshows und seinen Büchern für ein gerechteres Wirtschaftssystem ein.

Geißler ist weiterhin CDU-Mitglied, hat aber auch viele Anhänger in linken Kreisen. Als Vermittler im Streit um Stuttgart 21 hatten ihn zuerst die Grünen ins Gespräch gebracht. Seinen neuen Posten nahm Geißler auch aus Heimatliebe zu Baden-Württemberg an. Er sei Stuttgart und dem Land eng verbunden, wo er seine Frau geheiratet habe. "Zwei meiner Söhne sind hier geboren, und ich habe meine berufliche Laufbahn hier begonnen", sagte Geißler. Doch er erinnerte sich nicht nur an positive Ereignisse: "Ich hab meinen ersten Autounfall in Stuttgart auf dem Österreichischen Platz produziert." Über seine Motivation, die Aufgabe als Schlichter anzunehmen, sagte er: "Ich bin ja hier geboren, und es liegt mir schon am Herzen, dass in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entsteht, dass es bei uns in Stuttgart so zugeht wie in der Hafenstraße in Hamburg oder in Kreuzberg in Berlin."