Bundestag: Heitere Auftaktsitzung des Parlaments - dann kam es zum Eklat. Und jetzt warten große Aufgaben auf Union und SPD: Die leeren Staatskassen. Union und SPD beraten über Finanzmisere. Steuerentlastungen und Erhöhung der Mehrwertsteuer scheinen vom Tisch.

Berlin. Union und SPD haben sich nach der ersten Runde ihrer Koalitionsverhandlungen optimistisch über die Aussichten für das Zustandekommen einer gemeinsamen Regierung geäußert. Aus beiden Lagern kamen überwiegend Signale der Einigungsbereitschaft, aber auch inhaltliche Forderungen für einen Koalitionsvertrag. In der Auftaktrunde waren in der Nacht zu Dienstag Verfahren und Zeitplan der Verhandlungen sowie erste grundsätzliche Inhalte vereinbart worden. So soll es bis 2009 keine Senkung der Einkommenssteuer und eine Reduzierung der Körperschaftssteuer nur dann geben, wenn sie aus den Unternehmen gegenfinanziert wird. Für die Verhandlungen sollen insgesamt 17 themenorientierte Arbeitsgruppen eingerichtet werden. Die nächste Runde wurde für den 24. Oktober angesetzt. Bis 12. November soll der Koalitionsvertrag fertig sein.

Aus beiden Lagern kamen gestern Forderungen und Empfehlungen zu verschiedenen Themenbereichen. Vor allem beschäftigte die Verhandlungspartner die klamme Haushaltslage. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff sagte, angesichts der dramatischen Haushaltslage seien sich Union und SPD einig, daß Steuerentlastungen derzeit nicht möglich seien. Die Verhandlungspartner stünden unter "enormem Zugzwang". Ähnlich äußerte sich Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). CDU-Vizechef Christoph Böhr sagte, durch den bereits beschlossenen Verzicht auf Steuerentlastungen müsse die Union nun auf die im Wahlkampf angekündigte Erhöhung der Mehrwertsteuer verzichten.

Der Vorsitzende der IG Bergbau, Chemie, Energie, Hubertus Schmoldt, nannte eine höhere Mehrwertsteuer eine denkbare Methode zur Senkung der Lohnnebenkosten. Die Mehreinnahmen müßten dann aber im vollen Umfang zur Senkung der Arbeitskosten eingesetzt werden.

Für die SPD steht der von der rot-grünen Regierung beschlossene Atomausstieg in den Verhandlungen nicht zur Debatte. "Der Atomausstieg ist für uns ein Tabu. Ebenso die Förderung erneuerbarer Energien", sagte Vize-Fraktionschef Michael Müller.

Der SPD-Finanzexperte Jörg-Otto Spiller sprach sich dafür aus, die Eigenheimzulage bereits 2006 und nicht erst 2007 abzuschaffen. Er sagte, bei der Eigenheimzulage bauten sich die Einsparungen erst schrittweise über einen Zeitraum von acht Jahren auf. Er reagierte damit auf die Aussage von CDU-Generalsekretär Volker Kauder, der vorschlug, die Zulage erst 2007 zu streichen. Spiller ist zudem gegen den Unionsplan, mit den eingesparten Geldern einen Kinderbonus in der Rente zu finanzieren.