HAMBURG. Mit Skepsis haben Kommentatoren ausländischer Zeitungen die Zusammenstellung des Kabinetts unter Führung von Angela Merkel bewertet:

"Il Messaggero" (Rom): (Merkels) Ministerliste entspricht ganz sicher nicht dem Wesen der Neoliberalen-Kanzlerin und dient auch nicht dazu, ihre Macht innerhalb dieser potentiell streitsüchtigen Regierung zu stärken, und dies angesichts der Tatsache, daß vier der künftigen Minister als ausgesprochene Ex-Merkel-Gegner einzustufen sind."

"Tages-Anzeiger" (Zürich): "Den politischen Gegner am Tisch; Parteifreunde, die auf eigene Rechnung wirtschaften; das Wahldebakel nicht aufgearbeitet; im Bundesrat nur eine knappe Mehrheit: Schon vor ihrem Regierungsantritt steht Merkel fast alleine da."

"Salzburger Nachrichten":

"(Merkel) wird die starken Persönlichkeiten zähmen müssen, die die Union und die SPD entsandt haben. Es sieht ganz so aus, als müßte (sie) diese Domestizierung in den eigenen Reihen beginnen - beim bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber."

"Le Figaro" (Paris): "Zu den vorrangigen Themen gehören die Sanierung des Haushalts, die Konjunkturankurbelung, der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und die Reform des Systems der sozialen Sicherheit. Bei diesem letzten Punkt stoßen sich die radikalen Vorstellungen der designierten Kanzlerin im Kabinett nicht nur an den SPD-Ministern, die die sozialen Errungenschaften verteidigen wollen, sondern auch an den beiden Bayern, die auf derselben Linie sind."

"Luxemburger Wort": "Die Macht dürfte als starker Kitt Schwarz-Rot zusammenhalten. Das Minister-Tableau zeigt hingegen schon Risse auf, bevor es Schloß Bellevue passiert hat."

"Politiken" (Kopenhagen): "Die Merkel-Regierung verdient trotzdem vorsichtigen Optimismus, weil sich keiner der Beteiligten ein Scheitern leisten kann. Links und rechts von SPD und CDU/CSU warten radikale Parteien nur darauf, enttäuschte Wähler aufzusammeln."