BERLIN/BOCHUM. Der neue Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), protokollarisch der zweite Mann im Staat, ist ein alter Hase im Parlament. Seit 25 Jahren gehört der Bochumer dem Bundestag an. Von 1989 bis zur Abwahl der schwarz-gelben Koalition 1998 sammelte der heute 56jährige breite politische Erfahrung als Parlamentarischer Staatssekretär in insgesamt gleich drei Ministerien.

In der CDU stand der bisherige Bundestagsvizepräsident vor allem während des Spendenskandals 1999 im Ruf eines geübten Strippenziehers, der im Zuge der damaligen Neuordnung der CDU vorübergehend auch als deren Generalsekretär im Gespräch war. Der Vertraute der designierten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehörte ihrem Wahlkampfteam als Experte für Kultur an.

Nicht nur im Parlament, auch in seiner Partei kann Lammert auf eine lange politische Karriere zurückblicken: Bereits als Schüler wurde er 1964 Mitglied der Jungen Union; zwei Jahre später trat der Sohn eines Bäckermeisters in die CDU ein, für die er von 1975 bis 1980 im Rat seiner Heimatstadt Bochum saß, zum Teil gemeinsam mit seinem Vater.

1980 zog Lammert, der zuvor in Bochum und im britischen Oxford Politikwissenschaft, Soziologie, Neuere Geschichte und Sozialökonomie studiert hatte, erstmals in den Bundestag ein. Sechs Jahre später übernahm der Katholik den Vorsitz im CDU-Bezirksverband Ruhrgebiet.

1989 wurde Lammert Parlamentarischer Staatssekretär im damals von Jürgen Möllemann (FDP) geleiteten Bundesbildungsministerium. Nach der Bundestagswahl 1994 wechselte der Bochumer als Parlamentarischer Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium unter dem damaligen Ressortchef Günter Rexrodt (FDP). Drei Monate später wurde Lammert zum neuen Koordinator für die deutsche Luft- und Raumfahrt berufen.

Nachdem er zwischenzeitlich auch den Vorsitz der nordrhein-westfälischen Landesgruppe in der Unionsfraktion übernommen hatte, trat Lammert im Mai 1997 das Amt des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verkehrsministerium unter Matthias Wissmann (CDU) an.

Zwar konnte sich Lammert in den verschiedensten politischen Ämtern auf Bundesebene fest etablieren; seine Bemühungen um ein Spitzenamt in der nordrhein-westfälischen Landespolitik blieben indes erfolglos. Im Mai 1994 scheiterte der verheiratete Vater von zwei Töchtern und zwei Söhnen bei dem Versuch, die CDU als Spitzenkandidat in die Nordrhein-Westfalen-Wahl 1995 zu führen. In einer Urwahl unter den Parteimitgliedern an Rhein und Ruhr mußte sich Lammert dem heutigen Düsseldorfer CDU-Finanzminister Helmut Linssen geschlagen geben.

Nach der Niederlage von Union und FDP bei der Bundestagswahl 1998 wurde Lammert kultur- und medienpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion. Mit Beginn der abgelaufenen Legislaturperiode schließlich rückte der altgediente Parlamentarier in das Bundestagspräsidium auf. In der konstituierenden Sitzung des Bundestags 2002 wurde er mit 498 Stimmen zu einem der Vizepräsidenten des Parlaments gewählt und zum Stellvertreter von Wolfgang Thierse (SPD).