Parteichef Cem Özdemir wirft dem Unternehmen im Kampf gegen die Ölpest Desinformation vor. Verbraucher sollen jetzt richtig handeln.

Hamburg. Nach einem Monat des vergeblichen Kampfes gegen die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko wächst weltweit die Kritik an BP. Grünen-Chef Cem Özdemir forderte indirekt zum Boykott des Ölkonzerns auf. "Es liegt in der Hand der Verbraucherinnen und Verbraucher, ihrem Unmut über das unverantwortliche Handeln von BP durch bewusstes Kaufverhalten Luft zu machen", sagte er dem Abendblatt. BP betreibt nach der Fusion mit Aral in Deutschland vor allem rund 2400 Aral-Tankstellen.

Der Konzern habe in erster Linie versucht, Desinformation zu betreiben, und gegenüber der Öffentlichkeit so getan, als ob es sich um einen kleinen Unfall auf dem eigenen Betriebsgelände handele, sagte Özdemir. "Wie fast immer bei einer solchen Katastrophe hat es viel zu lange gedauert, bis entschlossen gehandelt wurde. Es darf nicht sein, dass jedes Mal, wenn ein Tanker sinkt, eine Bohrinsel brennt oder Ähnliches passiert, erst abgewartet wird."

Im Interesse der Allgemeinheit und der Abwehr schlimmerer ökologischer und wirtschaftlicher Schäden brauche es einen einsatzbereiten, auf solche Situationen vorbereiteten Krisenstab, forderte der Grünen-Chef. "Eine bei der Uno angesiedelte Umweltbehörde könnte dafür der richtige Ort sein." Notwendig seien zudem Verbote von Ölbohrungen an ökologisch sensiblen Orten sowie dort, wo ein hohes Unfallrisiko bestehe.

Auch der US-Regierung reißt mittlerweile der Geduldsfaden. Innenminister Ken Salazar drohte offen, BP die Führung beim Kampf gegen die Umweltkatastrophe aus der Hand zu nehmen. "Wir sind am Tag 33 angelangt, und ein Termin nach dem anderen ist nicht eingehalten worden", sagte Salazar auf einer Pressekonferenz im BPHauptquartier in Houston. "Wenn wir herausfinden, dass sie nicht das tun, was sie tun sollen, werden wir sie beiseiteschieben und dafür sorgen, dass alles getan wird, um die Menschen an der Golfküste zu schützen." Zunächst einmal sei es aber Aufgabe von BP, die Ölpest einzudämmen.

Die Explosion einer von dem britischen Konzern genutzten Bohrinsel hatte am 20. April das Leck verursacht, aus dem seither mindestens 23 000 Tonnen Öl ausgeströmt sind. Einige Experten gehen davon aus, dass bereits über 40 000 Tonnen Öl ausgetreten sind. Das ist mehr als bei der bislang schwersten Ölkatastrophe in der USGeschichte, der Havarie des Supertankers "Exxon Valdez". Der Ölteppich im Golf von Mexiko erstreckt sich inzwischen über einen 240 Kilometer langen Küstenabschnitt.

Der Ölkonzern hat mittlerweile eine Summe von bis zu 500 Millionen Dollar (404 Millionen Euro) versprochen, um die Folgen der Umweltkatastrophe zu untersuchen. BP habe sich verpflichtet, "alles zu unternehmen, was wir können, um die Auswirkungen dieses tragischen Ereignisses auf die Menschen und die Umwelt der Golfküste zu mindern", sagte Unternehmens-Chef Tony Hayward.

In einem zehnjährigen Forschungsprogramm solle unter anderem untersucht werden, wie das Öl und die zur Zersetzung des Ölteppichs eingesetzten Chemikalien von Meeresströmungen beeinflusst worden seien.