Nach der Explosion der Bohrinsel trifft erstmals Öl auf Land. Die gigantische Glocke zur Abdichtung ist an der Unglücksstelle eingetroffen.

Miami. Das nach dem Untergang einer Bohrinsel im Golf von Mexiko ausgetretene Öl hat erstmals die amerikanische Küste erreicht. „Wir haben Teams, die uns Öl an den Stränden an der südlichen Spitze der Freemason Island innerhalb der Chandeleur Inselgruppe bestätigen“, sagte Connie Terrell von der US-Küstenwache am Donnerstag zu Reuters. Es sei das erste Mal, dass die Behörde die Existenz von Öl an Land bestätige. Bei der unbewohnten Inselgruppe handelt es sich um ein Naturschutzgebiet nahe New Orleans.

Vor der Küste arbeiteten Experten unterdessen fieberhaft daran, eine 100 Tonnen schwere Metallglocke zur Eindämmung der Ölpest in Position zu bringen. „Die Glocke ist vor Ort und wird nun in Stellung gebracht, um ins Wasser hinabgelassen zu werden“, teilte der Ölkonzern BP mit. Das Absenken der eilig zusammengebauten Konstruktion bis zum Bohrleck in 1600 Metern Tiefe dürfte zwei Tage dauern. Unter der Glocke soll ab Montag das ausströmende Öl aufgefangen und auf ein Tankschiff gepumpt werden. Eine Erfolgsgarantie will BP aber nicht geben.

Der britische Ölkonzern, der die gesunkene Bohrinsel gechartert hatte, geht mittlerweile von weltweiten Konsequenzen des Unglücks für Tiefseebohrungen aus. „Ohne Zweifel wird dieses Ereignis die Off-Shore-Industrie auf der ganzen Welt verändern“, sagte der für das Geschäft in Asien sowie Nord- und Südamerika zuständige BP-Vizepräsident Robert Dudley in Boston. BP werde die Folgen neuer Bohrungen im Meer genau prüfen.

Für die Beseitigung der Folgen der wohl schwersten Umweltkatastrophe in der US-Geschichte kommen auf BP Kosten in Milliardenhöhe zu. Die Schäden, die der mittlerweile auf eine Fläche von 210 mal 110 Kilometer angewachsene Ölteppichs angerichtet hat, werden auf 14 Milliarden Dollar geschätzt.

Seit der Explosion und dem Untergang der Bohrinsel Ende April rund 64 Kilometer vor der Küste des US-Bundesstaats Louisiana sind täglich etwa 800.000 Liter Öl in den Golf von Mexiko geströmt. Der Konzern hat angekündigt, für berechtigte Ansprüche aufzukommen. US-Regierung und Abgeordnete kündigten Änderungen an einem Gesetz an, das Schadenersatzansprüche für die Umsatzausfälle von Fischern, Tourismusanbietern und anderen Unternehmen gegen BP auf 75 Millionen Dollar beschränkt. Wegen des Unglücks ist der Aktienkurs von BP abgestürzt, was den Börsenwert des Konzerns in den vergangenen zwei Wochen um mehr als 32 Milliarden Dollar verringerte.

Auf See und an Land waren weiterhin Tausende Helfer mit der Verlegung von Ölsperren beschäftigt. Eine weiterhin eher ruhige See half den Einsatzkräften hielt die Hoffnung aufrecht, die drohende Umweltkatastrophe an der Südküste doch noch zu verhindern. Die Ölpest bedroht die Tier- und Pflanzenwelt der US-Golfküste und könnte neben Louisiana auch Mississippi, Alabama und Florida treffen.