Der tunesische Präsident verspricht die Öffnung des politischen Systems und eine Lockerung der Zensur. Nahrungsmittel sollen billiger werden.

Tunis. Der Präsident lenkt offenbar ein: Nach wochenlangen und tödlichen Unruhen in Tunesien hat Zine el Abidine Ben Ali in einer Fernsehansprache ein Waffenstillstand erklärt. «Ich habe euch verstanden», sagte er. «Ich werde es nicht dulden, dass ein weiterer Tropfen Blut vergossen wird.» Er habe angeordnet, dass Sicherheitskräfte ihre Waffen nur noch dann einsetzen dürften, wenn sie bedroht würden. Am Donnerstag kam bei den Auseinandersetzungen in der Hauptstadt Tunis nach Augenzeugenberichten ein Mensch ums Leben.

In seiner Ansprache machte Ben Ali weitere politische Zugeständnisse und kündigte Preissenkungen für Grundnahrungsmittel an. Der Präsident erklärte indirekt seinen Verzicht auf eine weitere Amtszeit. Der 74-Jährige sprach sich am Donnerstagabend für eine Beibehaltung des erlaubten Höchstalters von 75 Jahren für Präsidentschaftskandidaten aus. Eine Kandidatur für eine weitere Amtszeit im Jahr 2014 käme für Ben Ali damit nicht mehr in Betracht. Außerdem versprach er eine Öffnung des politischen Systems und eine Lockerung der Internetzensur.

Trotz der Ausgangssperre versammelten sich nach Ben Alis Ansprache Menschenmengen auf einer Hauptstraße von Tunis und Autofahrer veranstalteten ein Hupkonzert. Zunächst war unklar, ob es sich um eine von der Regierung organisierte Demonstration handelte.

Die mehrheitlich jugendlichen Demonstranten protestieren seit rund einem Monat gegen hohe Arbeitslosigkeit und die Politik des autokratisch regierenden Präsidenten. Bislang sind bei den Auseinandersetzungen mindestens 23 Menschen ums Leben gekommen.

Das Urlaubsland Tunesien galt bisher als eines der stabileren Länder Nordafrikas. Ben Ali regiert das Land, seit er bei einem unblutigen Staatsstreich vor 23 Jahren an die Macht kam, mit eiserner Hand. Viele kritisieren die Regierung als korrupt und intolerant.

(dapd/abendblatt.de)