Aufatmen bei den Gemäßigten: Der Sieg von Bronislaw Komorowski soll Stabilität bringen. Die Polen hoffen jetzt auf die Einführung des Euro.

Warschau. 95 Prozent der Stimmen sind ausgezählt, der Sieger steht fest: Der liberal-konservative Regierungskandidat Bronislaw Komorowski hat die Präsidentenwahl in Polen gewonnen. Der bisherige Parlamentspräsident folgt auf den bei einem Flugzeugabsturz getöteten Lech Kaczynski. Auf den rechts-nationalen Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski entfielen 47,4 Prozent.

Damit kann Ministerpräsident Donald Tusk im Kampf gegen das Haushaltsdefizit auf Unterstützung des neuen Staatsoberhaupts bauen. Noch am Wahlabend stimmte Regierungschef Tusk seine Landsleute auf Einschnitte bei den öffentlichen Ausgaben ein. Polen konnte zwar als einziges EU-Mitgliedsland eine Rezession im vergangenen Jahr vermeiden. Dennoch ließ ein starker Rückgang des Wirtschaftswachstums die Steuereinnahmen wegbrechen, was einen Anstieg des Haushaltsdefizits auf sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts zur Folge hatte.

Die Stichwahl zwischen Komorowski und Kaczynski fiel deutlich knapper aus als erwartet: Während der Stimmenauszählung war Kaczynski vorübergehend sogar in Führung gegangen. Erste Nachwahlbefragungen hatten dagegen Komorowski deutlich vorne gesehen, weshalb Kaczynski bereits kurz nach Schließung der Wahllokale seine Niederlage eingestand und Komorowski zum Sieg gratulierte. Das offizielle Endergebnis sollte am Montagnachmittag vorliegen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 56 Prozent.

Komorowski gilt als Wunschkandidat der Unternehmen und Finanzmärkte. Von dem fünffachen Familienvater wird erwartet, dass er eng mit dem reformorientierten Ministerpräsidenten Tusk zusammenarbeitet, der als unternehmerfreundlich gilt und die Einführung des Euro befürwortet. Dagegen lehnte Kaczynski im Wahlkampf Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben ab. Sein Bruder hatte als Präsident das Vetorecht des polnischen Staatsoberhaupts genutzt, um unter anderem eine Renten-, Gesundheits- und Medienreform zu blockieren.

Der kurze Wahlkampf, der erst nach der Beisetzung von Lech Kaczynski Ende April in Gang kam, stand im Zeichen der Trauer um die Toten der Absturzkatastrophe. Später durchkreuzte das verheerende Hochwasser die Wahlkampfpläne der Politiker. Komorowski präsentierte sich als einen Mann des Ausgleichs, der eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Präsidentenamt und der Regierung gewährleisten könne. Jaroslaw Kaczynski trat für seinen toten Bruder als Kandidat an, um „dessen Mission zu vollenden“. Zunächst ein Außenseiter, holte er, getragen von der starken Sympathiewelle für seinen Bruder, immer mehr auf. Lech Kaczynski wurde zu einem Nationalhelden hochstilisiert. Als Präsidentenbewerber zeigte sich Jaroslaw Kaczynski wie verwandelt: Der als Scharfmacher bekannte Ex-Ministerpräsident sprach vom Dialog und Kompromiss statt von Konfrontation.

Das polnische Staatsoberhaupt hat mehr Kompetenzen als der deutsche Bundespräsident, vor allem in der Außen- und Sicherheitspolitik. Der polnische Präsident kann zudem eigene Gesetzentwürfe vorlegen und vom Parlament beschlossene Gesetze mit seinem Veto blockieren. In der Amtszeit von Lech Kaczynski war es immer wieder zu Kompetenzenstreitigkeiten mit der Regierung gekommen, worunter vor allem die Reformvorhaben litten.