Heute gedenkt Polen mit zwei Schweigeminuten der Opfer des Flugzeugabsturzes vom Sonnabend. Bei dem Unglück waren Präsident Lech Kaczynski sowie hochrangige Politiker und Militär ums Leben gekommen. Die Opfer der Katastrophe wurden nach Moskau gebracht.

Warschau. In ihrer Trauer um die Opfer der Flugzeugkatastrophe, bei der auch Präsident Lech Kaczynski starb, haben sich am Sonnabendabend in ganz Polen die Menschen zum stillen Gedenken versammelt. In Warschau kamen vor dem Präsidentenpalast zehntausende Menschen zusammen, landesweit wurden Gottesdienste abgehalten. Die Präsidentenmaschine mit einem Großteil der polnischen Führungselite war am Morgen in Westrussland abgestürzt.

1. WIE DER ABSTURZ SICH EREIGNET HABEN SOLL

2. PORTRÄT LECH KACZYNSKI

3. KANZLERIN ANGELA MERKEL ZUM ABSTURZ

4. WELTWEITE TRAUER UM KACZYNSKI

In der polnischen Hauptstadt waren die Straßen um den Präsidentenpalast und der nahegelegene große Pilsudski-Platz schwarz vor Menschen, die Kerzen entzündeten und Blumen niederlegten. Viele stimmten die Nationalhymne an, Kinder legten selbstgemalte Bilder nieder. „Er war unser Präsident, unabhängig von unseren Meinungen“, sagte Malgorzata Blasik, eine Frau in den 30ern, die nach eigenen Angaben keine Anhängerin von Kaczynskis Politik war.

„Wir beten für unser Vaterland“, sagte der Kardinal Stanislaw Dziwisz bei einer Messe in der Kathedrale auf dem Wawel, der ehemaligen Residenz der polnischen Könige in Krakau. Er sprach den Angehörigen der Präsidentenfamilie sein Mitgefühl aus. In Warschau strömten Tausende zur Militärkirche, um dort der Messe beizuwohnen. Da die Kirche nicht alle Besucher fassen konnte, wurde der Gottesdienst auf Leinwänden übertragen.

Polens Regierungschef Donald Tusk, der Zwillingsbruder des verunglückten Präsidenten, Ex-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, und der russische Ministerpräsident Wladimir Putin machten sich am Unglücksort im westrussischen Smolensk ein Bild von der Lage. Tusk beriet sich mit Putin, der die Leitung einer Untersuchungskommission zu dem Unglück übernahm.

Jaroslaw Kaczynski identifizierte den Leichnam seines Zwillingsbruders sowie seiner Schwägerin Maria, der Frau des Präsidenten, wie die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti berichtete. Am Domodedowo-Flughafen in Moskau landeten zwei Hubschrauber mit den am Unglücksort geborgenen Todesopfern, die in der russischen Hauptstadt identifiziert werden sollten. Die Regierung in Warschau ordnete eine einwöchige Staatstrauer an. Mit zwei Schweigeminuten will das Land am Sonntagmittag der Opfer gedenken. „Die moderne Welt hat noch nie eine solche Tragödie erlebt“, erklärte Tusk.

Russland teile die Trauer der Polen, sagte Putin. „Dies ist auch unsere Tragödie, und wir trauern und leiden mit Euch“, sagte der russische Regierungschef im Fernsehen. Die Europäische Union will der Katastrophe am Montag mit zwei Schweigeminuten gedenken und in Brüssel alle Fahnen auf Halbmast setzen.

Von Seiten der russischen Behörden wurde ein Fehler des Piloten der polnischen Präsidentenmaschine für die Katastrophe verantwortlich gemacht. Der stellvertretende Generalstabschef der russischen Luftwaffe, Alexander Aljoschin, sagte im Fernsehen, die Piloten der Maschine hätten die Anweisungen der Fluglotsen missachtet. Laut Interfax stürzte die Maschine beim vierten Landeversuch ab. Mehr als 40 russische Experten waren am Unglücksort zur Spurensuche im Einsatz. Die beiden Flugschreiber wurden bereits gefunden.

Beim Absturz der polnischen Präsidentenmaschine, einer Tupolew-154, waren am Samstagvormittag nahe Smolensk im Westen Russlands alle 97 Insassen ums Leben gekommen. An Bord befanden sich Kaczynski und seine Frau Maria, der polnische Generalstabschef Franciszek Gagor, Nationalbankchef Slawomir Skrzypek, Vize-Außenminister Andrzej Kremer sowie zahlreiche Parlamentarier und nahezu die gesamte Führung der polnischen Armee. Die Delegation wollte an einer Gedenkfeier in Katyn teilnehmen, wo sowjetische Einheiten zu Beginn des Zweiten Weltkriegs etwa 22.000 Polen ermordet und verscharrt hatten.