Sehr geehrte Damen und Herren,

in Ihrer Zeitung erscheint immer wieder der Begriff "Steuersünder". Die von Ihnen so bezeichneten Personen sind tatsächlich aber gewissenlose Betrüger ihrer Mitmenschen. Für diese Betrüger sieht das Gesetz deshalb auch erhebliche Strafen vor. Für mich entsteht der Eindruck, dass diejenigen, die den Ausdruck Steuersünder gebrauchen, den Tätern eine gewisse Sympathie entgegenbringen. Ich würde mich freuen, wenn Sie in Zukunft die Straftaten auch als das bezeichnen, was sie sind.

Harald Hülsmeyer, per E-Mail

Sehr geehrter Herr Hülsmeyer,

Sie stören sich an dem Begriff Steuersünder und sprechen damit ein grundsätzliches Phänomen an: wie Sprache wirkt und verstanden wird. "Keiner versteht den anderen ganz, weil keiner bei demselben Wort genau dasselbe denkt wie der andere", befand schon Goethe. Aus der deutschen Sprache ist die Steuersünde wohl nicht mehr zu tilgen, das belegen allein die mehr als 400 000 Nennungen bei der Suchmaschine Google.

Wer Steuern hinterzieht, also den Fiskus betrügt, der ist ein Straftäter. Doch bringt der Begriff "Steuersünder" den Tätern wirklich Sympathie entgegen? Zwar mag das Wort "Sünde" inzwischen für einige sogar eine niedliche Note bekommen haben - im christlichen Grundverständnis bleibt sie eine schwere Verfehlung. Das gilt auch für die Volkswirtschaft, egal ob die Täter Steuersünder, -hinterzieher oder gar -kriminelle genannt werden.

Herzliche Grüße

Matthias Iken