Sehr geehrte Redaktion,

so beschwerlich und gefährlich die jetzige Zeit vor allem für Fußgänger auch ist, es gibt auch eine gute Seite. Man beachtet wieder einander und reicht sich im wahrsten Sinne des Wortes helfende Hände. Hier wird einer Oma über die Straße geholfen, dort gemeinsam der Kinderwagen aus den Eisschollen gezogen. Und der Busfahrer, der einen früher trotz Spurt hat stehen lassen, ruft einem nun über Meter zu: "Nur schön langsam!" Schade nur, dass so etwas nur in Extremsituationen geschieht.

Katrin Kukla, per E-Mail

Sehr geehrte Frau Kukla,

Sie gehen mit offenen Augen durch den Winter. Viele haben ja angesichts eisglatter oder nicht gestreuter Wege und Straßen oder gar wegen schwerer Stürze längst die Freude an Schnee und Eis verloren. Sehnten wir uns vor wenigen Wochen noch nach Schnee und "weißer Weihnacht", können wir jetzt das Tauwetter gar nicht erwarten.

In einem aber ist der Winter auch noch nach Wochen sympathisch: Wie so oft ist aus der Not etwas Gutes erwachsen - nämlich Bürgersinn, der durch die widrige Wetterlage und das Versagen der Behörden geweckt beziehungsweise gestärkt wird. Viele Hamburger sind in den vergangenen Wochen aufgetaut und besinnen sich wieder auf Tugenden, hier auf die gegenseitige Hilfe.

Früher wurden Nachbarn, die beim Einparken Probleme hatten, oftmals von der Straße gehupt - nun schiebt man gemeinsam die Autos von der oder auf die Straße. Und viele Bürger haben erkannt, dass die Straßen nicht mehr frei werden, wenn sie auf die Stadt oder irgendwelche Räumdienste warten - sie haben selbst die Sache, Schneeschaufel und Spaten in die Hand genommen.

"Man kann den Menschen nicht durch ein Gesetz vorschreiben gut zu sein", schrieb einst Oscar Wilde. "Es gibt nichts Gutes außer: man tut es", formulierte Erich Kästner. Beide haben recht. Hoffen wir, dass die helfenden Hände auch da sein werden, wenn der Frühling anbricht.

Herzl ichst, Ihr Matthias Iken