Die Immobilienunternehmer fordern den Verzicht auf Mietgarantien im Überseequartier und wollen als Investoren einspringen.

Hamburg. In ungewöhnlich deutlicher Form haben sich jetzt die Hamburger Wohnungsbau-Unternehmen in den Streit um das Überseequartier in der HafenCity eingeschaltet. Statt dort "nicht benötigte" Büroflächen zu fördern, sollte die Stadt jetzt eine völlige Neuplanung mit Wohnungen beginnen, fordert der Landesverband Nord im Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), der in Norddeutschland nahezu alle großen Betriebe der Branche umfasst. Hamburg habe jetzt die einmalige Chance, im Überseequartier Fehlentwicklungen zu korrigieren, sagt BFW-Landeschef Andreas Ibel: "Unsere Mitglieder könnten dort sofort Wohnungen bauen - ohne jede städtische Mietgarantie oder Subvention".

+++ Der neue Masterplan für die HafenCity +++

Damit klinken sich die Unternehmen praktisch in die Kritik der Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Linke an den Plänen des Senats ein. Der will den alten Kaufvertrag mit dem deutsch-niederländischen Investoren-Konsortium ändern, um den Weiterbau im künftigen Herzen der HafenCity zu sichern. Von "anpassen" spricht Jürgen Bruns-Berentelg, Chef der städtischen HafenCity GmbH und Verhandlungspartner der Übersee-Investoren. Grund für die angestrebte Vertragsänderung sei die Wirtschaftskrise, argumentiert Bruns-Berentelg. Die beteiligten Banken verlangten jetzt mehr Sicherheiten, um den Weiterbau im Überseequartier zu finanzieren.

Insgesamt 280.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche sollen dort mit Neubauten für Einzelhandel, Wohnungen und Büros eine "City in der City" (Bruns-Berentelg) entstehen lassen. Rund ein Drittel des Areals im Norden, direkt an der Speicherstadt, ist nahezu fertig gebaut: Doch schon jetzt stehen bereits 36.000 Quadratmeter Bürofläche leer. Insgesamt liegt der Büro-Leerstand derzeit in Hamburg bei etwa 1,2 Millionen Quadratmetern.

Im noch brachliegenden Südteil des Überseequartiers (immerhin zwei Drittel der Fläche) sind dennoch wieder zu großen Teilen Bürogebäude geplant. Wohnungen sind wegen der Nähe zum Kreuzfahrtterminal und der befürchteten Schiffsabgase nicht vorgesehen. Mit der Vertragsänderung soll die Stadt nun für immerhin 15 Jahre Mietgarantien für Büros in zwei großen Gebäuden übernehmen. In einen Teil davon sollen Behörden einziehen,

14.000 Quadratmeter kann die Stadt den geänderten Vertragsbedingungen zufolge jetzt selbst vermieten. SPD und Linke sprechen daher von neuen "Millionen-Risiken" für die Stadt in einer angespannten Haushaltslage; nur um den Investoren Rendite zu sichern.

Anmietungsoptionen hatte die Stadt den Investoren allerdings auch schon im Kaufvertrag von 2005 eingeräumt. Mit der städtischen Mietgarantie als eine Art Initialzündung könne jetzt der Weiterbau des Quartiers gesichert werden, sagt HafenCity-Geschäftsführer Bruns-Berentelg. Sollte die Bürgerschaft dem neuen Vertrag aber nicht zustimmen, drohe dort auf lange Sicht ein Baustopp. Dem widerspricht nun der Verband der Hamburger Immobilien-Unternehmen. Verbandsvorsitzender Ibel: "Wir haben uns das angeschaut: Man muss nur umplanen, dann können auch Wohnungen gebaut werden - das geht im nahen Marco-Polo-Tower ja auch."

Kurzfristig könne dann der in Hamburg derzeit so dringend benötigte Wohnraum gebaut werden. "Wir stehen bereit", so Ibel. Die in Hamburg mit der GAL regierende CDU lässt sich aber auch angesichts solcher Appelle bisher nicht umstimmen. Ein Abrücken von dem Konzept könne die Finanzierung gefährden und sei "kontraproduktiv", sagt Hans-Detlef Roock, baupolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion. "Wir halten an dem Konzept und an der geplanten Vertragsanpassung fest, damit das Herzstück der HafenCity zügig realisiert werden kann", betonte Roock.

Das dürfte zwar das Übersee-Konsortium freuen, zu dem auch zwei große Banken zählen - doch in der Hamburger Baubranche führt die Ankündigung von Mietgarantien auch zu Unmut: Viele andere Investoren hätten in der HafenCity Flächen für Kostenmieten über 20 Euro pro Quadratmeter kalkuliert, sagt der Immobilienverband. Wenn jetzt die Stadt für 15 Euro an den Markt gehe, sei eine Vermarktung zu den kalkulierten Preisen nicht mehr möglich. Folge: "Die Stadt greift durch die Erweiterung der Mietgarantien in den Vermietungsmarkt zulasten derjenigen Investoren ein, die noch eigene Büroflächen in der HafenCity vermieten." Oder anders: Miet-Subventionen an der einen Stelle fördern den Leerstand nebenan.

Heute wird die HafenCity Thema der Aktuellen Stunde in der Hamburgischen Bürgerschaft sein. Und am Freitag kommen der Haushalts- und der Stadtplanungsausschuss der Bürgerschaft zu einer Art Sondersitzung zusammen. Dort wird es dann um die geänderten Vertragsbedingungen gehen. Noch vor der Sommerpause, so hatte Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) kürzlich gemahnt, müsse die Bürgerschaft zustimmen, um das Projekt Überseequartier nicht zu gefährden.