Zwischenruf: Ein Kommentar von Axel Tiedemann

Einmal von allen juristischen Vertragsklauseln, Optionen und Verabredungen zwischen städtischen und privaten Immobilienmanagern abgesehen - es wirkt grotesk, was nun im Überseequartier in der HafenCity passieren soll: Schon jetzt stehen viele Büroflächen in der Stadt leer; und doch soll Hamburg den Bau von weiteren Büroflächen mit Steuergeld finanzieren. Dann, so heißt es, sind die Banken zufrieden und es könne weitergebaut werden im Herzen der HafenCity. Gut, es mag die Banken beruhigen. Aber den Bürger beunruhigt das Vorhaben dann doch: Hatte nicht der Bürgermeister erst vor wenigen Tagen von massiven Haushaltsproblemen gesprochen?

Da erscheint der Vorschlag der norddeutschen Wohnungswirtschaft doch viel vernünftiger. Wohnungen werden nämlich im Unterschied zu Büros dringend gebraucht in Hamburg. Bis 2025, so schätzen Experten, wird die Stadt weiter durch Zuwanderung wachsen. Schon jetzt würden jedes Jahr etliche Tausend Wohnungen weniger gebaut als benötigt. Und mit dem Wachstum wird auch die Nachfrage nach Wohnungen wachsen. Zumal es immer noch den Trend zu Single-Haushalten gibt - wodurch der große Bedarf auch über 2025 anhalten dürfte, weil Ein-Personen-Haushalte im Verhältnis pro Kopf mehr Wohnraum beanspruchen als Familien.

Nun mag die Umsetzung von Wohnungsbau im Südteil des Überseequartiers schwierig sein, weil dort in der Nähe die Abgasschwaden von Kreuzfahrtschiffen durch die Luft wabern. Aber ein Totschlags-Argument für neue Ideen in dieser Situation kann das nicht sein. Zumindest muss der Vorschlag jetzt ernsthaft geprüft werden - bevor die Stadt geänderte Verträge unterschreibt und neue Finanzrisiken eingeht. Das mag zum Vertrauensverlust bei Investoren führen und manchem städtischen Verhandlungspartner auch unangenehm sein. Aber das Vertrauen der Bürger dieser Stadt in eine solide Finanzplanung ist derzeit entscheidender.