Mehr als die Hälfte ist fertig. Zehn Jahre, nachdem der Masterplan verabschiedet wurde, könnte das Projekt jetzt am Scheideweg stehen.

Hamburg. Nein, Details zur Fortschreibung des Masterplans könne man noch nicht nennen. Da waren sich Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk (GAL) und HafenCity-Geschäftsführer Jürgen Bruns-Berentelg gestern einig. Vielmehr wollten sie Bilanz ziehen. Zehn Jahre, nachdem der Senat den Masterplan für die Hamburger HafenCity verabschiedet hatte. Für die derzeit größte europäische Innenstadt-Erweiterung, wie die Senatorin betonte. Mehr als die Hälfte des 150 Hektar großen Areals sei nun fertig, in Bau oder in Planung. "Der Senat ist mit dieser Entwicklung sehr zufrieden", sagte Hajduk. Bruns-Berentelg neben ihr lächelte und ist es wohl auch nach dieser Aussage. Wie es weitergehen soll mit der HafenCity-Entwicklung nach Osten - darüber würden aber erst im Mai Einzelheiten feststehen, verkündeten beide geheimnisvoll.

Offenbar besteht da zwischen Planern, Politik und Behörden noch einiger Diskussionsbedarf. Denn eigentlich sollte der neue Masterplan bereits im Herbst 2009 veröffentlicht werden. Inzwischen haben Hamburg und auch die HafenCity jedoch zwei Entwicklungen voll erwischt, die auch die weiteren HafenCity-Pläne betreffen dürften. "Die HafenCity ist jetzt am Scheideweg", formuliert es der SPD-Stadtentwicklungspolitiker Andy Grote. Zum einen hat die Wirtschaftskrise den Büromarkt auch in der HafenCity erreicht. Mit dem neuen Viertel "Überseequartier" eines deutsch-niederländischen Konsortiums stoßen demnächst etliche Quadratmeter auf einen leer gefegten Markt. Eine "temporäre Nachfrageschwäche" sei da eingetreten - so formuliert es HafenCity-Chef Bruns-Berentelg.

Ein Schwäche, die nun die Hamburger Verwaltung mit der Anmietung von etlichen Tausend Quadratmetern nicht gerade günstiger Bürofläche für das Bezirksamt Mitte lindern soll. Zwei ursprünglich für Gewerbeflächen vorgesehene Grundstücke sollen zudem jetzt für Wohnneubauten umgenutzt werden. Und damit wäre schon der zweite Punkt erreicht, der in der HafenCity-Planung zum Umdenken zwingen könnte: Denn auf dem Wohnungsmarkt in Hamburg und damit auf der Politik liegt derzeit ein enormer Druck: Viel zu wenige neue Wohnungen werden gebaut, die Mieten steigen vielerorts. "In einer solchen Situation muss man auf der größten Reservefläche der Stadt massiv günstigen Wohnraum schaffen", fordert SPD-Politiker Grote.

Eine Forderung, die wohl auch in der GAL-geführten Stadtentwicklungsbehörde Gehör findet. Und tatsächlich sollen nun die ersten geförderten Sozialwohnungen auch in der HafenCity gebaut werden. Mit Mieten von 5,60 Euro pro Quadratmeter - während sonst das Mietniveau in der HafenCity zwischen 9,50 bis 18 Euro liegt. Doch die Zahl von 70 Sozialwohnungen klingt nicht gerade üppig, wenn man dagegenhält, dass allein im Stadtteil Osdorf in den kommenden Jahren mehr als 2000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen werden. Doch es dürfte auch ein frommer Wunsch sein, in der HafenCity jetzt tatsächlich massiv in den geförderten Wohnungsbau einzusteigen. "Es ist nicht die Gier, sondern es sind die teuren Gründungskosten in Wassernähe, dass hier nicht so günstig wie woanders gebaut wird", sagt Bruns-Berentelg, der immer aufpassen muss, dass sich sein Projekt auch rechnet.

Eine Stellschraube sind da die Gründstückskosten: Für Wohnbauten werden sie jetzt schon nicht im Höchstpreisverfahren von der Stadt vergeben - doch zu billig will Bruns-Berentelg sie wohl auch nicht hergeben. Schließlich braucht die Stadt auch Einnahmen, um Infrastruktur zu bezahlen. Insgesamt, so die Schätzungen, werden in die HafenCity 5,5 Milliarden Euro privat investiert. Öffentliche Investitionen von knapp 1,5 Milliarden stehen daneben - 800 Millionen davon sollen aus Grundstückserlösen kommen. Wie groß der Anteil von Sozialwohnungen im zweiten Teil der HafenCity sein soll oder kann - das wird daher wohl noch zu den "Details" zählen, die längst noch nicht geklärt sein dürften.

Und es gibt noch eine weitere Front, die noch nicht entschieden ist: Ursprünglich war das Oberhafen-Areal fest in die HafenCity-Entwicklung eingeplant. Vorwiegend als Gewerbestandort. Doch inzwischen ist in der Stadt am Gängeviertel eine Diskussion darüber entstanden, wo sie günstigen Platz für ihre kreativen Köpfe und Künstler schaffen kann. Die HafenCity verweist dann gern auf Projekte wie den "Designport". Ein geplantes Gebäude am Magdeburgerhafen, in dem Designer wohnen und arbeiten sollen - was aber kaum bezahlbar für eine junge Künstlerszene wäre. Für die gäbe es mit den alten Bahnschuppen am Oberhafen die günstigen Spielwiesen, die so rar geworden sind in der Stadt. Auch dazu soll die Fortschreibung des HafenCity-Masterplans eine Richtung vorgeben. "Da wird Platz für etwas Kulturelles sein", sagte Stadtentwicklungssenatorin Hajduk. Mehr aber sagte sie dazu nicht. Wie gesagt, Details erst im Mai ...