HafenCity-Chef wirbt für neuen Vertrag mit den Überseequartier-Investoren, um die Finanzierung nicht zu gefährden

Gut 20 Zentimeter hoch ist das Aktenpaket, 2500 Seiten stark - in dem Vertrag zwischen Stadt und dem Überseequartier-Konsortium sind viele Eventualitäten festgehalten, etliche Klauseln zum Bau dieses zentralen Herzstücks der HafenCity vereinbart: Es geht dabei immerhin um eine Milliarde Euro Investition. Doch trotz aller Voraussicht der Vertragspartner: die Wirtschaftskrise hat wohl keiner geahnt bei den Verhandlungen. Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der städtischen HafenCity Hamburg GmbH, wirbt daher massiv für die Änderung des Kaufvertrags, um den Weiterbau im noch unbebauten Südtteil des Quartiers nicht zu gefährden.

Sein Kernsatz dabei: "Wenn eine gesamtwirtschaftliche Krisensituation eingetreten ist, die sich auf das Projekt auswirkt, dann muss man sich im vernünftigen Dialog gemeinsam mit den Investoren den neuen Anforderungen stellen, um so ein qualitativ hervorragendes Projekt voranzubringen." Zumal das Übersee-Konsortium auch mit der Vertragsanpassung, wie Bruns-Berentelg sagt, Hamburg keinesfalls "übervorteile", sondern noch an viele Klauseln zugunsten der Stadt gebunden sei, die sonst keinem Projektentwickler in Hamburg abverlangt würden.

Tatsächlich hatte die HafenCity für das Überseequartier, die künftige "City in der HafenCity" (Bruns-Berentelg) einige harte Forderungen durchgesetzt. Beispielsweise bestimmte Baufertigstellungstermine für die 16 verschiedenen Gebäude, die auf rund 280 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche einen Mix aus Einzelhandel, Gastronomie, Kreuzfahrtterminal, Wohnen und Büros darstellen sollen. Die Klausel war als eine Art Turbolader gedacht, um das ganze Quartier zügig bauen zu lassen. Dann gab es eine Mehrerlösklausel - die die Stadt an unerwarteten Steigerungen bei den Mieten beteiligt hätte. Eine städtische Übernahmeverpflichtung für rund 50 000 Quadratmeter Bürofläche war indes schon 2003 bei der Ausschreibung des Projekts avisiert worden. Doch die Bedingungen haben sich nun geändert:

Die Banken würden zur Finanzierung des Südteils (etwa zwei Drittel der Fläche) nun einen doppelt so hohen Eigenkapitalanteil fordern. Klauseln wie der Mieterlös oder feste Bautermine, die es in anderen Grundstücksverträgen der Stadt nicht gebe, würden von den Kreditgebern als nicht mehr hinnehmbares Risiko bewertet - zumal im schon fast fertigen Nordteil aktuell 36 000 Quadratmeter Büros derzeit leer stehen. "Unter solchen Bedingungen wäre keine Finanzierung mehr zu erlangen. Dafür kann weder der Investor noch die Stadt etwas - also müssen wir einen vernünftigen modifizierten Weg finden, um die ursprünglichen Ziele zu gewährleisten", sagt Bruns-Berentelg.

Anders als die SPD, die die Vergabe eines solchen großen Grundstücks an einen einzigen Investor kritisiert, sei ein Projekt mit den Merkmalen des Überseequartiers nicht kleinteilig entwickelbar. Außerdem sei das Risiko schon auf zwei Banken und einen Entwickler im Konsortium verteilt.

Die Anmietung durch die Stadt sehe er auch nicht als Subvention - "das sind Sowieso-Kosten, weil die Behörden, die nun in die HafenCity ziehen werden, ansonsten an anderer Stelle in der Stadt in Neubauten gezogen wären, wie mit der Freimachung des Standorts am Hauptbahnhof geplant ist." Mit dem "Lockern der Zügel" und der neuen Mietgarantie würde nun die Bebauung des Überseequartiers voranschreiten können - was dann neue Investitionen nach sich ziehen werde. Ein Milliarden-Investment sollte wegen dieser Vertragsanpassung nicht gefährdet werden, mahnt er.

Und wenn nicht, wenn die Bürgerschaft die Vertragsveränderung ablehnen würde? "Dann", sagt Bruns-Berentelg, "dann wird dort vorerst nichts mehr geschehen können und ein erheblicher Vertrauensschaden für Hamburg entstehen - und die Menschen werden dort 2012 aus der neuen U-Bahn aussteigen und in einer Sandkuhle stehen."