Sechs Stunden ging auf dem Airport Hamburg nichts mehr. 230 Verbindungen fielen aus. Passagiere blieben allerdings oft gelassen.

Fuhlsbüttel. "Gestrichen" - dieses Wort in roter Schrift war gestern am Hamburger Flughafen von 6 Uhr an auf den Monitoren hinter fast jedem Flugziel zu lesen. Schuld daran war das Flugverbot über der Hansestadt, das die Deutsche Flugsicherung erlassen hatte, nachdem die Aschewolke aus Island in der Nacht zu Mittwoch Norddeutschland erreicht hatte.

Für sechs Stunden ging auf dem Airport Hamburg gar nichts mehr. Das Flugverbot galt von 6 bis 12 Uhr. Zehntausende Fluggäste waren davon betroffen, insgesamt fielen gestern rund 230 Flüge aus. Bis zum Abend kam es zu stundenlangen Verspätungen. Das Abendblatt sah sich am Flughafen um und entdeckte Passagiere, die ganz individuell mit den Folgen der Aschewolke umgingen. Von hilfesuchend über gelassen bis abwartend. Alle hatten eines gemeinsam. Sie wussten nicht, wann und ob sie ihr Ziel erreichen.

Terminal 2, morgens um 9 Uhr. Am Ticketschalter der Lufthansa hat sich eine lange Schlange gebildet. Hier wird gestrandeten Passagieren geholfen. Auch Arthur Ebel gehört dazu. Eigentlich wollte der Rentner mit seiner Frau über Zürich nach Chicago in den USA fliegen. Doch daraus wird vorerst nichts: "Wir werden jetzt wohl mit dem Zug nach Zürich fahren. Wir wissen noch nicht, wann wir dort ankommen, aber wir wollen erst mal weg aus Hamburg." Seine Frau holt derweil die Koffer wieder ab, die das Ehepaar bereits am Vorabend eingecheckt hatte.

Wenige Meter weiter sitzen 22 Schüler auf ihren Koffern, einige auf dem Fußboden, und machen Späße. Aus Sonderborg in Dänemark sind die 13- und 14-Jährigen angereist und sollten eigentlich schon in der Maschine nach Moskau sitzen. Wie ihre Schüler behält auch die Lehrerin Brigitte Petersen ihre Nerven im Griff und sucht im Team nach Lösungen: "Meine Kollegin informiert sich gerade am Schalter. Vielleicht fahren wir nach Hannover und fliegen von dort aus dann nach Russland weiter."

Während die einen noch darüber nachdenken, wie es denn jetzt weitergehen soll, vertreibt sich im Restaurant auf der Empore eine Frauengruppe aus Kiel die Zeit. Die Freundinnen stoßen mit einem kühlen Weizen an: "Wir haben Urlaub, und den genießen wir jetzt eben erst mal auf dem Flughafen", sagt Inge Hauptmann. Die neunköpfige Frauengruppe hat eine Reise nach Rom gebucht: "Wir werden es schon schaffen, bis heute Abend in die ewige Stadt zu kommen", sagt Inge Hauptmann.

Etwa 200 Meter weiter steht das ehemalige Charter-Terminal. Ein Ort der Ruhe: Hier wurden 20 Liegen aufgestellt. Auf einer hat es sich Horst Steinmann bequem gemacht. Er ist müde. Der Rentner aus der Nähe von Bad Kreuznach hat eine wahre Odyssee hinter sich. Mit seiner Ehefrau ist er bereits am Dienstagabend gestartet. Die beiden haben die ganze Nacht im Zug verbracht und wollten eigentlich um 6.55 Uhr nach Heraklion abheben. Aber die Aschewolke, wegen der zeitweise auch die Flughäfen in Bremen, Lübeck und Berlin geschlossen waren, hat das erst mal verhindert. Aber Horst Steinmann bleibt entspannt. In Gedanken ist er schon auf der Rundreise durch Griechenland: "Es wird schon irgendwann weitergehen." Sein Rezept: abwarten statt agieren. Manches im Leben muss man abwarten können.

Und tatsächlich. Um kurz nach elf wird es auf dem Flughafen wieder lebendig. Die Sicherheitskontrolle in der Airport Plaza öffnet. Ab 12 Uhr ist das Flugverbot aufgehoben - die Aschewolke zieht Richtung Nordosten ab. Die Verantwortlichen am Flughafen sind erleichtert, dass der Betrieb nun weitergeht: "Die Aschewolke hat zu massiven Behinderungen im Flugverkehr geführt. Die Folgen des sechsstündigen Flugverbots wirkten sich bis zum Abend aus", sagte Sprecherin Stefanie Harder.

Warum der Tag insgesamt erstaunlich reibungslos ablief: Viele Fluggäste kamen gar nicht erst zum Flughafen. Ein Lufthansa-Sprecher sagt: "Wir haben einen großen Teil der Passagiere bereits Dienstagabend vorgewarnt." Die Airline musste 30 Flüge streichen. Reisende konnten ihren Flug umbuchen oder ihr Ticket gegen einen Reisegutschein für die Bahn umtauschen. So fanden viele den Ausweg aus dem Flugverbot mit dem Zug.