Immer mehr Autohersteller setzen auf sparsame Autos mit Elektroantrieb. Die neuen Studien verdrängen PS-Protze zunehmend aus dem Rampenlicht.

Frankfurt. Höchstgeschwindigkeit? Kaum von Interesse. Motorleistung? Eher ein Nebenaspekt. Beschleunigungswerte? Allenfalls am Rande von Bedeutung. Wer die 63. Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt besucht, der muss sich an anderen Werten orientieren als früher. Diesmal geht es vor allem um Effizienz und Sparsamkeit. Bei Opel zum Beispiel glänzt der neue Opel Astra mit bislang nicht erreichten, niedrigen Verbrauchswerten. Mercedes-Chef Dieter Zetsche reklamiert für sein Unternehmen, "das 3-Liter-Auto neu erfunden" zu haben. Und der Volkswagen-Konzern schafft es sogar, bei der Verbrauchsangabe eine eins vor dem Komma zu realisieren.

Natürlich werden die PS-strotzenden Boliden von Bugatti, Lamborghini bis Ferrari bei der weltgrößten Autoshow nicht versteckt, und wie immer tanzen sehr adrette Hostessen um sie herum. Aber: Viele Firmenchefs versuchen das Interesse in eine andere Richtung zu lenken. Daimler-Boss Zetsche etwa, der mit dem Flügeltürer SLS einen der Messe-Stars aufbietet, präsentiert ebenso stolz die jüngsten Erfolge seiner Ingenieure auf dem Gebiet der Spritspartechnik und eine Mercedes S-Klasse mit Hybridantrieb und einem Verbrauch von 3,2 Liter/100 km. Sie soll nach dem nächsten Modellwechsel, also frühestens in etwa vier Jahren, marktreif sein.

Solange muss man bei Opel nicht mehr warten. Trotz aller Probleme der vergangenen Monate hält die noch zu General Motors (GM) gehörende Firma an ihren Plänen für das Elektroauto Ampera fest. Und wer befürchtet hat, die bisher gezeigte, futuristisch gestylte Konzeptstudie könne wenig mit der späteren Realität zu tun haben, wird von GM-Europa-Boss Carl-Peter Forster eines Besseren belehrt. "Das hier ist das Serienauto", formulierte er am Dienstag auf dem Opel-Stand. Bis zu 60 Kilometer Radius allein mit Batteriekraft soll der Ampera zurücklegen können und damit insbesondere im Stadtverkehr die Umweltbilanz verbessern.

VW hat gleich eine Reihe von sparsamen Modellen aufgeboten, darunter einen serienreifen Polo, der durchschnittlich nur 3,3 Liter Diesel verbraucht. Doch damit nicht genug: Unter den Augen von VW-Aufsichtsratschef und Technik-Freak Ferdinand Piëch enthüllten die Wolfsburger gestern sogar das weltweit erste 1-Liter-Auto. Die Studie L1 bietet zwei hintereinander angeordnete Sitzplätze und hat eine Carbonfaser-verstärkte Kunststoff-Karosserie mit einem Gewicht von nur 124 Kilogramm. Eine Kombination aus Hightech-Dieselmotor und Elektroantrieb beschleunigt das Gefährt auf eine Tempospitze von 160 km/h. Den Verbrauch geben die Wolfsburger mit exakt 1,38 Liter/100 km an. "Damit", so VW-Chef Martin Winterkorn, "wird der L1 zum sparsamsten Automobil der Welt." Und er verzichtet auch nicht auf den Hinweis, dass das Mobil "alltagstauglich" sei, was durchaus als kleine Revolution zu werten ist.

Aber eben nicht als große, denn erschwinglich ist solch ein Ein-Liter-Auto für Otto Normalfahrer noch nicht. Und auch bei der Frage nach dem Kaufpreis der zahlreich avisierten Elektroautos werden die Verantwortlichen der Autokonzerne schmallippig. Denn die von vielen Herstellern favorisierte Lithium-Ionen-Batterie, die man vom Prinzip her auch aus Handy und Laptops kennt, kostet bei der für einen Pkw-Antrieb nötigen Dimension momentan noch mehr als 10 000 Euro pro Stück. Auch wenn dieser Preis in den kommenden Jahren sinken wird, muss der Elektromobilist der Zukunft für seinen Traumwagen wohl ziemlich tief in die Tasche greifen.

Es sei denn, der zukunftsträchtige Elektrowagen kommt ausgerechnet im nostalgischen Look einer ostdeutschen "Rennpappe" daher. "Ja, es ist uns ernst - wir wollen dieses Auto so schnell wie möglich serienreif machen", erklärt IndiKar-Geschäftsführer Ronald Gerschewski, nachdem er zusammen mit seinen Partnern den Trabant nT enthüllt hat. Der himmelblaue Prototyp wirkt im Jahr 20 nach dem Mauerfall wie ein spleeniger Gruß aus der Vergangenheit, er ist von der Idee her aber längst in der Moderne angekommen. Denn wenn alles klappt, könnte der neue Trabant im Jahr 2012 mit Kunststoffkarosserie und Elektromotor auf die Straße rollen. Angepeilt sei ein Preis von "deutlich unter 20 000 Euro" - was in diesen Zeiten fast schon wie eine Kampfansage klingt.