Der Manager setzt auf alternative Antriebe, aber glaubt auch an die Zukunft der PS-Boliden. Jobs sieht er durch die Fusion mit VW nicht in Gefahr.

Hamburger Abendblatt: Herr Macht, Sie treten in die Fußstapfen von Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Ein Vorbild für Sie?

Michael Macht: Ich habe mit Wendelin Wiedeking seit Anfang der 90er-Jahre sehr eng zusammengearbeitet. Wir haben viele Dinge gemeinsam in die Wege geleitet und verstehen uns auch persönlich sehr gut. Dennoch werde ich als Vorstandsvorsitzender sicher eigene Akzente setzen.

Abendblatt: Wie ist die Stimmung in Ihrem Hause, nachdem Porsche die Übernahmeschlacht gegen VW verloren hat?

Macht: Die Stimmung ist relativ gut. Die Presse ist ja im letzten Vierteljahr ziemlich über uns hergefallen und hat ein Bild über Porsche verbreitet, das mit unserer Innensicht nicht übereinstimmte. Das hat viele Mitarbeiter verunsichert. Aber das ist nun Vergangenheit. Porsche startet wieder durch.

Abendblatt: Derzeit laufen Ermittlungen gegen ehemalige Porsche-Manager wie Wiedeking und den früheren Finanzchef Holger Härter sowie gegen einen weiteren Manager, der noch im Unternehmen beschäftigt ist, wegen des Verdachts der Kursmanipulation. Wie werden die Untersuchungen enden?

Macht: Wir weisen den erhobenen Verdacht zurück. Wir haben uns nicht das Geringste vorzuwerfen und begleiten die Arbeit der Staatsanwaltschaft kooperativ, damit die Vorwürfe schnell aufgeklärt werden können. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Ermittlungen in absehbarer Zeit eingestellt werden.

Abendblatt: Jede Fusion bringt Synergien. Wie viele Arbeitsplätze wird sie kosten?

Macht: Nicht einen einzigen. Wir wollen schließlich wachsen. Wenn uns die Konjunktur in den nächsten drei Jahren nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht, werden wir den Absatz mindestens in dem Maße erhöhen, in dem unsere Produktivität steigt. Damit sind die Arbeitsplätze sicher.

Abendblatt: Bleibt der Mythos Porsche unter dem VW-Dach bestehen?

Macht: Selbstverständlich. Wir diskutieren seit mehr als drei Jahren die Schaffung eines integrierten Autokonzerns mit VW. Dahinter steht eine klare industrielle Logik: Porsche will seine Zukunft durch Synergieeffekte mit Volkswagen absichern. Deshalb streben unsere beiden Unternehmen eine Verschmelzung an. Unter dem gemeinsamen Dach werden die einzelnen Marken ihre jeweiligen Stärken voll ausspielen können. Die Kernwerte von Porsche - also Exklusivität, Sportlichkeit und Tradition - bleiben dabei erhalten.

Abendblatt: Der fusionierte Konzern will Milliarden durch Synergien einsparen. Werden Porsches dadurch billiger?

Macht: Nein. Die gesetzlichen Anforderungen an die Umweltverträglichkeit und Sicherheit von Neufahrzeugen werden immer schärfer. Auch die Entwicklung von Hybrid- und Elektroantrieben ist finanziell und technisch sehr aufwendig. All dies lässt sich in einem gemeinsamen Konzern mit Volkswagen viel kostengünstiger darstellen. Deswegen wird es aber noch lange keinen Billig-Porsche geben. Das passt einfach nicht zur hohen Exklusivität unserer Marke.

Abendblatt: Also werden Sie den in die Schlagzeilen geratenen Volksporsche nicht bauen?

Macht: Ich will grundsätzlich nichts ausschließen. Für unser Wachstum müssen wir uns immer wieder neue Segmente suchen. Das war ja auch beim neuen, viertürigen Gran Turismo Panamera unser Ziel. Aber jedes neue Porsche-Modell muss unsere Markenwerte verkörpern und eine ordentliche Rendite abwerfen.

Abendblatt: Die Gesellschaft steht vor einem Bewusstseinswandel: Umweltverträgliche Fahrzeuge dürften als Statussymbole in Zukunft die automobilen Kraftprotze weitgehend ablösen. Porsche hat seit jeher den Anspruch, in einer Klasse immer den sportlichsten Wagen anzubieten. Wie reagieren Sie?

Macht: Unsere Modelle sind in ihren jeweiligen Segmenten die sportlichsten, aber zugleich sind sie auch die verbrauchsärmsten. Für uns ist wichtig, dass unsere Produkte sozial akzeptiert sind.

Abendblatt: Gibt es in Zukunft noch einen Markt für 600-PS-Motoren?

Macht: Ja, das belegen verschiedene Studien. Schließlich wächst der Wohlstand in unserer Gesellschaft. Und wer es sich leisten kann, kauft eben häufig auch gerne starke und sportliche Fahrzeuge. Aber wir müssen unseren Kunden Autos anbieten, die auch beim Verbrauch und den Emissionen immer besser werden.

Abendblatt: Selbst Hollywood-Größen kaufen heute aus Imagegründen einen Toyota Prius mit Hybridantrieb ...

Macht: Ich weiß nicht, wie beständig dieser Trend ist. In Zukunft wird es den Hybrid auch in der Oberklasse geben. Auch Porsche bringt im kommenden Jahr den Cayenne mit einem innovativen Hybridsystem heraus. Und der neue Panamera wird in absehbarer Zeit ebenfalls in einer Hybridvariante angeboten.

Abendblatt: Der US-Autobauer Tesla aus Kalifornien hat immerhin schon einen Sportwagen mit reinem Elektroantrieb auf dem Markt. Das Fahrzeug beschleunigt in 3,8 Sekunden auf 100 km/h, ist damit schneller als ein Porsche 911 und hat eine ordentliche Reichweite.

Macht: Der Tesla ist keine Konkurrenz für uns. Er hat in der Ergonomie und in der Alltagstauglichkeit bei Weitem nicht die Qualität eines Porsches. Die Reichweite ist noch ungenügend und die Ladedauer der Batterie zu lang. Aber ich bin mir sicher, diese Technologie wird von Jahr zu Jahr besser. Der Trend ist nicht mehr aufzuhalten. Deshalb wird auch Porsche in einigen Jahren einen Elektro-Sportwagen im Angebot haben.

Abendblatt: Neben der Klimadiskussion belastet ein historisch einzigartiger Nachfragerückgang Ihre Branche. Wann ist die Autokrise überstanden?

Macht: Ich denke, wir haben die Talsohle erreicht. Es geht zwar noch nicht wieder aufwärts, aber wir verzeichnen in etlichen Märkten keine Rückgänge mehr. Für die zweite Jahreshälfte 2010 bin ich verhalten optimistisch.

Abendblatt: Gute Nachrichten bekommen Sie ja regelmäßig aus Hamburg. Die Hansestadt ist die Porsche-Hochburg Deutschlands. Warum?

Macht: Wir konnten in den vergangenen Monaten nicht nur in Hamburg, sondern bundesweit mehr Fahrzeuge verkaufen als in anderen Märkten. Aber es stimmt: Wir haben im Norden sehr gute Händler, die auch in der Krise auf ihre langjährigen Beziehungen zu den Kunden setzen können.

Abendblatt: Speziell in Hamburg?

Macht: Hamburg ist die Stadt der Millionäre. Menschen, die Geld haben, kaufen gerne Premiumfahrzeuge. Hamburg ist eine sportliche Stadt, mit vielen Seglern, Reitern und Golfern. Sportliche Menschen wollen sportliche Fahrzeuge. Und weil der Hamburger den Pelz nach innen trägt, entscheidet er sich bevorzugt für eine Marke, die eine hohe soziale Akzeptanz aufweist, nämlich Porsche.